Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 131
(PDF, 61 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0143
„Ein Freund rät Ihnen an, Kehl zu verlassen und sich nach der Schweiz
zu begeben. Nur dort, besonders in Aarau, sind Sie sicher. Sie werden mich an
meiner Handschrift vielleicht erkennen und also wissen, an wen Sie sich wegen
Empfehlungen dahin zu wenden haben. Ich beschwöre Sie, fortzueilen! Sie
verloren Ihr Vaterland, Ihr Vermögen — wollen Sie Ihre Freiheit auch verlieren
? Wenn Sie mir schreiben, so erwähnen Sie dieses Billetes nicht."

Nun scheint es List doch geboten, Baden zu verlassen, und am 10. April 1823
reist er in Richtung Basel ab, wo er am 15. April eintrifft. Nach allerlei Ungemach
erhält er schließlich in Aarau eine Niederlassungsbewilligung; von dort aus richtet
er ein Gesuch an den König von Württemberg um Aufhebung des Urteils und
Ausstellung von Reisepässen.

List ist während seines Aufenthaltes in der Schweiz nicht untätig; Ende März
1824 reist er nach Paris, wo er bei einer Begegnung mit Lafayette von diesem
eingeladen wird, ihn auf seiner Amerikareise zu begleiten, und Ende April führt
ihn eine Reise nach London. Aber alles drängt in ihm zur Rückkehr in die Heimat.
Am 18. Juli 1824 richtet er wiederum ein Gesuch an den König um Straferlaß,
um dann selbst nach Stuttgart aufzubrechen. Am 6. August wird er dort verhaftet
und auf den Hohenasperg überführt. Eine unwürdige Behandlung bestärkt ihn in
der Absicht, auszuwandern. Am 22. Januar 1825 wird ihm ein Paß zu einer
„wissenschaftlichen Reise" nach Nordamerika ausgestellt. List verzichtet auf das
württembergische Staatsbürgerrecht und verläßt am 27. Januar Stuttgart; am
29. trifft er in Karlsruhe ein. Anfang Februar schreibt er seiner Frau, er wolle
lieber nach Straßburg oder in die Gegend, um dort besser seine Vorbereitungen
für die Auswanderung treffen zu können. Da er gerade die Gelegenheit erhielt,
mit einer Retourkutsche billig nach Kehl fahren zu können, ergreift er diese,
ohne zu ahnen, welche Schwierigkeiten ihm noch bevorstehen.

Es spricht für die ungeheuere Aufgeschlossenheit dieses Mannes, der bereits von
Kaiser und Königen empfangen worden war, der schon einige Länder Europas
kannte und im Begriffe steht, in die Neue Welt auszuwandern, daß ihm auf seiner
Fahrt durch das Hanauerland selbst der Entenfang bei Rheinbischofsheim nicht
zu unbedeutend erscheint, um ihn in seinen Tagebuchnotizen beschreibend festzuhalten
! Wo immer auch er sich befindet, nimmt er alles Wissenswerte in sich auf,
befaßt er sich mit der Geschichte sowie mit den wirtschaftlichen und soziologischen
Gegebenheiten. So finden wir unter dem Stichwort „Bischofsheim, Kork":

„Ehemals Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Haben eine eigene Tracht, die der
Tiroler sehr ähnlich ist. Nach einer alten Sage wurde diese Gegend von
Tirolern bevölkert. Uberall herrscht noch Mangel an politischer Aufklärung zu
Freiheitsideen unter dem Volk; es kann sich die Möglichkeit nicht vorstellen,
daß es frei werden könnte. Obwohl auf der andern Seite die Verehrung von
alten Dingen weicht und die Unzufriedenheit mit dem bestehenden Stand der
Dinge überhand nimmt. Kein selbständiger Stand; nur Bauern, Handwerker
und Staatsdiener."

Er beschäftigt sich auch mit dem Neu-Freistetter Kanal oder mit den Boden-

131


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0143