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Kammersekretär (Verwalter der Landeskasse) Georg Reinbold, 1653 Kirchenschaff -
ner beider Ämter, 1665 Amtsschaffner. Aufsicht über Wald und Jagd: Philipp
Rockenberger, Förster und Jäger, 1655 Oberförster. Zum Bestand der Kanzlei
leisteten die Gemeinden ihre Beiträge. „Zur Underhaltung der Hochgräfl. Cantzley
zu Bischen undt Speyerisch Cammergericht 7 TS 17 ß 4^" (Lichtenau 1662).
Ein besonderes Anliegen Graf Joh. Reinhards war der Wiederaufbau
der ausgebrannten Kirchen, da die Kirchengefälle und die eigenen
Mittel der Gemeinden zur Durchführung dieses Werkes bei weitem nicht genügen
wollten. Und doch drängte der Wunsch nach einem Gotteshaus immer lauter auf
Erfüllung! Das Kirchspiel Bischofsheim mußte seit dem Kirchenbrande 1642 alle
kirchlichen Handlungen auf der Bürgerstube vornehmen. Nun beanspruchten der
gräfliche Hofhalt und die Herren der Kanzlei ebenfalls ihren Sitz im Gottesdienst.
Mit Beginn des Jahres 1654 gab daher Junker Joh. Reinhard von Hornberg, der
Hofmeister des Grafen, den Auftrag zur Instandsetzung des alten Kirchleins zu
Hausgereut: Kanzel und Stühle wurden verändert, eine Borbühne errichtet, zehn
Fensterrahmen eingesetzt und verglast, je eine Türe an Treßkammer und Kirchhof
gefertigt"). Bei der Enge des Raumes nur ein Notbehelf! Nach jahrelangen Verhandlungen
gab das Domstift Straßburg im Sommer 1654 endlich die Überdachung
von Turm und Schneckenaufgang samt Treppen der Pfarrkirche Bischofsheim in
Arbeit, denn die Beschlagnahme des Zehnten drohte7). Anschließend ließen auch
Kirchspielsgemeinde und Kirchschaffnei das geräumige Langhaus unter Dach bringen
, so daß bis Eintritt des Winters der Gottesdienst zur Not darin verrichtet
werden konnte. Als Baukostenzuschuß zu diesem christlichen Werke verwilligten
die Herren Räte das Sammeln einer freiwilligen Steuer in den Ämtern Buchsweiler,
Brumath, Willstätt und Lichtenau. Auch das Kirchspiel Lichtenau stand 1654 im
Kirchenbau: Instandsetzung und Bedachung von Turm und Langhaus. Dazu
erlaubten Meister und Rat eine öffentliche Sammlung in der Stadt, denn Straßburg
trug stets ein besonderes Interesse an dem Städtchen. Also klopften Hanß Georg
Egert und Hanß Karl Rausch mittelst eines Sammelbriefes vom 29. August 1654 an
den Türen der begüterten Familien an. Doch die Mittel gingen aus. Denn: „Wer
baut und die Rechnung ihm uf 1 Batzen acht, der kombt oft hernach mit 2 nicht
wol zue." Und erst den 13. April 1656 konnte die Einweihung des fertigen Gotteshauses
feierlich vollzogen werden.
6) Nahe verwandt dem sogenannten „Heidenkirchel" — Kapelle St. Klaus — in Niederfrcistett und in
der Anlage übereinstimmend ist das alte Kirchlein in Hausgereut (Patron St. Nikolaus), das nur durch
häßliche Fenster neuerer Zeit in seiner Wirkung beeinträchtigt wird. Es liegt somit hier ein einheitlicher
Typ der mittelbadischen Landkirche vor, der das früheste nachweisbare Gotteshaus bei uns charakterisiert
und der seine markante Note durch den mächtigen Ostturm mit Satteldach und dem Chor im Erdgeschoß
erhält, dahinter ein schlichtes Langhaus von geringem Längenausmaß hat (Sauer). Die Ortenau, 16. Jahres-
heft 1929, S. 347. Wurde 1654 oder schon früher der mittelalterliche Kirchenbau durch den Einbau großer
Fenster verunstaltet? Der Kirchhof um das Kirchlein dient den Toten von Hausgercut und Holzhausen als
Ruhestätte.
7) Im Bischofskrieg 1429 zwischen dem Bischof und der Stadt Straßburg, an dem auch Ludemann IV.
von Lichtenberg teilnahm, hielten die wehrhaften Bauern des Stabes Bischofsheim am 4. März den Kirchhof
besetzt und zogen sich vor den angreifenden Straßburger Bürgern in den festen Turm zurück, wo gegen
60 Mann den Flammentod erlitten. Siehe Beinert, Geschichte des badisdien Hanauerlandes, S. 41/43.
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