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„Herr Pfarrer! Ich liege hier in Gottes Gewalt. Derselbige hat mich mit einer
großen Schwachheit heimgesucht, weiß nicht, wie es Gott mit mir schicken wird.
Er mache es mit mir, wie er will. Ich hab es ihm heimgestellt und will ihm stillhalten
. Vor dem Tode fürchte ich mich nicht. Aber bei meiner Gemahlin und
meinen fünf kleinen Kindern möchte ich wohl noch länger bleiben. Wenn es
aber Gott anders haben will, so ergebe ich mich in seinen Willen" usw.
Vier Pfarrer, die ihn am 24. besuchten und zu trösten gedachten, ermahnte er,
ihren Gemeinden treue Verkünder der reinen, evangelischen Religion und Lehre
zu sein und selbst unverbrüchlich an dem Augsburger Glaubensbekenntnis festzuhalten
. Andern Morgens, den 25. April 1666 a. K., zwischen 7 und 8 Uhr entschlief
der lebensfrohe Mann im Alter von 38 Jahren.
Die Vorbereitungen zur feierlichen Beisetzung in der Familiengruft der Stammburg
Lichtenberg nahmen vier Monate in Anspruch, während denen der eingesargte Leichnam
in einem Gewölbe ruhte. Am 21. August a. K., Dienstag mittags 12 Uhr, begann mit
dem Zeichenläuten unter großem Aufwand die Leichenfeier in der Residenz Bischofsheim
zum hohen Steg. Der Sarg ward aus dem Gewölbe gebracht, und die Teilnehmer sammelten
und ordneten sich unter dem Geläute aller Glocken des Hanauerlandes. Voraus im Zuge
marschierten 250 bewehrte Mann vom Ausschuß zu Fuß in schwarzen Kleidern, mit umflorten
Hüten, den Degen am Bandolier und umgekehrt getragener Muskete, nach ihnen
zwei Unterhofmeister, dann zwölf „Musikanten", die auf dem Wege zur Kirche Choräle
sangen, gefolgt von den 53 Pfarrern und Diakonen der ganzen Grafschaft. Nach den
von sechs Junkern getragenen Fahnen mit den Wappen von Ochsenstein, Lichtenberg,
Münzenberg, Zweibrücken, Rheineck und Hanau und den von je zwei Offizieren gehaltenen
, mit zwei schwarzen Tüchern verhüllten Wappenpferden, kam, angeführt von
beiden Hofmeistern Joh. Reinhard von Hornberg und Joh. Jacob von Berstett, der
mit acht vergoldeten Löwenköpfen geschmückte und je acht ebenfalls vergoldeten Ringen
sowie Löwenfüßen versehene Zinnsarg, auf dessen schwarzer Samtdecke die Wappen
von 16 Ahnen des Grafen in Silber und Gold gestickt waren. Er wurde getragen
von 24 Junkern des unterelsässischen Adels. Neben ihnen schritten auf jeder
Seite 12 Edelknaben mit brennenden Fackeln und silbervergoldeten hanauischen
Schilden, 12 Hellebardiere mit schwarz überzogenen Hellebarden und 12 Mann mit den
Ruhegabeln zum Abstellen des Sarges. Es schlössen sich die schwarz und weiße Leidfahne
und das schwarz verhüllte Leidpferd an. Von drei Hofmeistern angeführt, je einem
Junker und Pagen begleitet, folgten die nächsten Verwandten: Die Grafen Friedrich
Casimir und Johann Philipp, die Brüder des Verstorbenen, die Pfalzgrafen bei Rhein als
Schwäger und Vettern, der Stättmeister der freien Reichsstadt Straßburg, drei Abgesandte
der Ritterschaft vom Unterelsaß, Räte und Sekretäre. Während die bis zum
Boden reichenden Mäntel und die das Gesicht verhüllenden, nur die Augen freilassenden
Tücher der Männer aus schwarzem Stoff waren, trugen die nun folgenden Frauen und
Mädchen weiße Mäntel und Tücher. An der Spitze ging die junge Witwe und Durchl.
Fürstin Anna Magdalena und wurde von zwei Hofmeistern, Philipp Jacob Hüffel, Amtmann
zu Lichtenau, und Philipp Ludwig von Buch, Amtmann zu Wörth und Niederbronn
, angeführt. Sie war wie die anderen weiblichen Leidtragenden von zwei Junkern
und einem Pagen begleitet, der ihr die Schleppe trug. Es folgten das älteste Töchterlein
Johanna Magdalena, die Gräfinwitwe Dorothea Diana, die Stiefmutter des Grafen, die
Pfalzgräfinnen, das adelige „Frauenzimmer", angeführt von Sophia Sibylla Hüffel
geb. Zorn von Bulach, der Hochfürstl. Frau Wittib Hofmeisterin, die Ehefrauen der
Räte und Pfarrer, die Kammermägde, die Frauen der Kanzleibeamten und Bedienten vom
Land. Endlich kamen die Diener bei Hof, Lakaien, Jäger und Förster, Knechte und Stalldiener
, Diener vom Land, die Bürger und ihre Weiber. Beschlossen wurde der Zug wieder
von 250 Mann des Ausschusses zu Fuß beider Ämter.
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