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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 204
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er einen zugespitzten Tannenstamm benützte. Dafür mußten die Bauern ihn und
sein Weib mit Nahrung versorgen und mit Met. Er wurde aber dick und faul
dabei, und der Met machte einen Säufer aus ihm, so daß sein Weib den Dienst
am Omerstsee versehen mußte. Als sie den unförmigen Pfahl nicht zu meistern
wußte, versagte der Brunnen, und die Bauern weigerten sich, den faulenzenden
Säufer weiter zu füttern und zu tränken. Da erschlug der Riese sein Weib und
lag in schwerem Rausch, als auch die Bauern den schweren Pfahl nicht zu handhaben
vermochten. Da zündeten sie die am Immenstein liegende Hütte des Riesen
an, so daß er mit ihr verbrannte. Der See jedoch hatte den Abfluß wieder in
Gang gesetzt und noch einen zweiten gefunden, der nun auch ein Hochtal bewässerte
. Dort siedelten sich Jungbauern an und nannten den Bach ob seines
klaren Wassers „Schönbrunnen".

An dieser Mär hielten die Ecker Walchen ebenso fest wie an ihrem Götterglauben
. Erst im achten Jahrhundert gelang es einem Priester, sie von der Macht
des Christengottes zu überzeugen, als er einer verderblichen Viehseuche Einhalt
zu bieten verstand. Aber die Kindlein mußte die Hebamme nunmehr im Mummelsee
holen, denn der Omerstsee war durch den Feuertod des Riesen entheiligt. Und
manche junge Frau, die des ersten Kindleins erwartend war, tat einen Gang zum
Mummelsee und warf dem Neck eine Münze ins Maul, auf daß die Entbindung
gut vonstatten gehe. Zu gleicher Zeit wallfahrteten schon die Frauen aus Waldstegen
, dem Unterdorf des Tals, nach Maria Linden bei Ottersweier.

War das Kindlein geboren, so fand die Hebamme beim einen oder beim
andern, daß das Eihäutlein an dessen Stirn klebte. Da doch in den Adern der
Walchen neben keltischem auch römisches Blut rollte, möchte es sein, daß ihnen
des römischen Geschichtschreibers Lampridius' Bericht aus dem vierten vorchristlichen
Jahrhundert noch im Gedächtnis war: Die römischen Hebammen verkauften
dieses Häutlein um gutes Geld an die Advokaten, daß es ihnen Glück
bringe bei ihren Prozessen. Auch in Deutschland schrieb man diesem Häutlein
besondere Eigenschaften zu: Der Renchener Bürgermeister Grimmelshausen erzählt
1688 in seinem Roman „Simplizius Simplizissimus", daß dieses Häutlein von
alten Weibern „zur Festigung des Charakters" angewendet wurde. Sicher ist, daß
die Neusatzer Walchen das „Glückshäutlein" gedörrt, zu Pulver zerrieben und
dem ersten Brei für das Kind beigemischt haben.

Wo in der Rheinebene kein Kindlesbrunnen war, holte die Hebamme die
Kindlein eben im Plaulgumpen, so auch in Oberbruch, notfalls brachte sie der
Storch wie in anderen Gegenden auch.

Zum ersten Bad, dessen Ausführung ausschließlich der Hebamme zustand, ließ
diese den Kindsvater nur ungern zu.

In der Rheinebene betrachtete man das Eihäutlein nüchtern, d. h. man maß ihm
keine besondere Bedeutung zu, vergrub es aber vorsichtshalber „innert" der
Dachtraufe.

Die Taufe

Die Walchen ließen ihre Kinder nur am Sonntag taufen, unter der Woche hatten
sie keine Zeit dazu. Besonderen Schmuck vermochten sie den Täuflingen nicht

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