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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 212
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dem Platz vor der Kirche das Osterfeuer. Um die Flamme sammelten sich die
Buben des Dorfes und der Zinken und steckten die Spitzen von geschälten Eichenstäben
hinein. In Neusatz war Eichenholz rar, drum nahm man Wasserschosse
von Kestenbäumen. In den Orten „vom Land" tat es auch Buchenholz. Die angekohlten
Hölzer wurden aus dem Feuer genommen und aufbewahrt bis zum
ersten Maienabend und dann zu so vielen Kreuzlein verarbeitet, als der väterliche
Hof Bäume im Obstgarten hatte. An jedem Baum wurde ein solches Kreuzlein
unter Gebet und Besprengung mit Weihwasser befestigt zum Schutz vor Blitzgefahr
.

An manchen Orten wurden in früheren Zeiten durch das Osterfeuer abgängige
Stücke der gottesdienstlichen Gewänder in Asche verwandelt. Diese Vernichtung
durch die reinigende Flamme erinnert an die Feuerbestattung toter Krieger in
heidnischer Vorzeit.

Das Hasengärtlein

Die Neusatzer Kinder richteten in wochenlanger Arbeit besondere Gärtlein
für den Osterhas zu. Die Staketen schnitzelten sie mit dem Sackmesser, größere
Brüder mit dem zweihändigen Schnitzmesser des Vaters auf der Schnitzbank zu
und versahen sie mit einer Spitze zum Einstecken in den Boden an einem nicht
für böse Buben zugänglichen Ort, etwa unter dem freistehenden Gemäuer des
Backofens. Je sorgfältiger die Staketlein aneinandergereiht waren und je genauer
der Kreis ausgezirkelt war, desto lieber ging der Has' an sein Geschäft. Voraussetzung
aber war die Füllung des Hasengärtleins mit einer genügenden Menge
von „Hasenbrot", einem früh blühenden Gräslein.

Gleich dem Christkindlein kam auch der Osterhas in Heimlichkeit. Daß der
Neusatzer Has alle Eier gleichmäßig braun gefärbt hatte im Gegensatz zu anders-
ortigen Hasen, die bunte Eier legten, hatte seinen Grund darin, daß die Farbpulver
zu teuer waren für den schmalen Geldbeutel der Mutter; der Absud von
Zwiebelschalen kostete nichts als das bitzele Mühe.

Der Weiße Sonntag

In Neusatz mußten sehr viele Erstkommunikanten weite Wege zum Gottesdienst
zurücklegen, der Vorschrift entsprechend ohne Morgensuppe. In väterlichem
Mitgefühl für die Kinder ließ Pfarrer Lorenz ihnen im Anschluß an den Empfang
der hl. Speise einen Schluck Johanniswein reichen. Der Johanniswein wird im
Gedenken an die Szene, da der Lieblingsjünger des Heilandes sich an dessen
Brust lehnte, gesegnet und wie den ersten Christen beim Abendmahl dargeboten.

Weil für diesen Schluck Wein nur ein einziges Glas zur Verfügung stand, wurde
der aus gutem Herzen kommende Brauch aus hygienischen Gründen behördlich
untersagt. Pfarrer Lorenz versammelte in Zukunft seine Erstkommunikanten im
Hof des Pfarrhauses und ließ ihnen nun je ein volles Glas bieten. Das wurde dann
jedesmal nach der Leerung ausgespült und so der behördlichen Vorschrift genügt.

(Wird fortgesetzt)

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