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Chorfrau
Maria Rosa Meiling als
Künstlerin, 1762-1799
von M. Agnes Wolters
Rosa Meiling als junges Mädchen, mit der symbolhaft aufblühenden Rose,
gemalt von ihrem Vater, dem Hofmaler Joseph Meiling, Karlsruhe. Schon
in diesem jugendlichen Alter überrascht die nachdenkliche Geistigkeit und
seelische Ausgeglichenheit dieses Antlitzes. Abb. 1
Klischee: Badische Heimat, Freiburg
Im festlichen Sprechzimmer des Klosters
Lichtenthal erregen die großen
Wandbilder das Interesse der Besucher,
um so mehr, wenn sie erfahren, daß die
Malerin eine Lichtenthaler Chorfrau
war, Maria Rosa Meiling, die 1799 mit
36 Jahren gestorben ist.
Ihre Heimatstadt ist Karlsruhe, wo
sie am 16. Oktober 1762 als Tochter des
Karlsruher Hofmalers Joseph Meiling
(1724—1796) geboren und von ihm in
der Malkunst ausgebildet wurde. Ihr
Mädchenname war Marie-Luise. Meiling
hat ein vortreffliches Pastell-Portrait von ihr hinterlassen, das sich in Familienbesitz
befindet. Es zeigt sie als ernstes, festes, kluges Jungmädchen mit einer Rose
in der Hand (Abb. 1).
Marie-Luise gehörte einer ausgesprochenen Künstlerfamilie an. Ihr Onkel Christoph
Meiling wurde 1749 zumMarkgräflich-Badischen Hofbildhauer ernannt. Sein
Mitarbeiter war der Hoffigurist Ignaz Lengelacher, der Schöpfer des großartigen
Rastatter Bernhardusbrunnens. 1759 vermählte sich Joseph Meiling mit dessen
Tochter Josepha, die ihm außer Marie-Luise noch einen Sohn Ignaz schenkte.
Dieser wurde Professor am Lyzeum zu Rastatt und starb dort 1817, erst 53 Jahre
alt. Das Lichtenthaler Totenbuch verzeichnet unter dem 21. Dezember 1793 noch
eine Chorfrau M. Bernarda Lengelacher aus Nikolsburg in Böhmen, die im 46. Lebensjahr
und 23. Jahr der Profeß starb. Sie war die Tochter des bereits genannten
Ignaz Lengelacher, der 1719 nach Nikolsburg berufen worden war, um das abgebrannte
Schloß des Fürsten Dietrichstein wieder aufzubauen.
In die Künstlerfamilie Melling-Lengelacher fügt sich Joseph Meilings Tochter
als Malerin harmonisch ein. Leider ist nur ein einziges Gemälde mit Sicherheit als
Original von ihr festzustellen, das ölportrait des Tennenbacher Abtes und Visitators
von Lichtenthal Carolus Caspar (reg. 1782—1803). Es hängt im oberen
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