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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 228
(PDF, 61 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0240
Für zwei der kleineren Sprechzimmer-Gemälde zwischen den Fenstern finden wir
die Vorlagen in Lichtenthaler Gemälden ihres Vaters Joseph Meiling, „Die Geburt
Christi" und „Christus am ölberg", beide 1,70 X 1,10 m groß. Unsere Malerin
hat sie unverändert übernommen, aber wie bei allen Sprechzimmer-Gemälden eine
Umrandung in graublauer Architekturmalerei hinzugefügt. Das dritte Gemälde
zwischen den beiden genannten, „Christus am Kreuz", geht auf ein weiteres
Meiling-Gemälde im Kloster zurück. Der blaugrüne Hintergrund und die über
dem Kreuz schwebenden Putten mit Schriftband sind aber weggelassen, der vergrößerte
Crucifixus nimmt die beherrschende Mitte des Raumes ein und der
dunkle Hintergrund ist den beiden andern Gemälden angeglichen.

Die Frage nach etwaigen Vorlagen zu den beiden großen Seitengemälden
„Christus im Haus des Pharisäers Simon mit Maria Magdalena" (Abb. 3) und
„Der wunderbare Fischzug" (nach A. Hoppe richtiger: „Berufung der Apostel am
See Genesareth") (Abb. 4), 1,85 X 3,43 m groß, konnte durch einen glücklichen
Zufall gelöst werden. Beide Darstellungen fanden sich als Illustrationen in dem
sechsbändigen Werk von Alfred Hoppe: Christus ist mein Leben, Verlag Winterberg
, I. Steinbrenner in Böhmen, 1919, Band II, p. 167 und 316, und sind Wiedergaben
nach Gemälden von Jean Jouvenet aus Rouen, 1644—1717.

Nach freundlicher Mitteilung von Fräulein Dr. Gerda Kircher, Karlsruhe, „war
Jean Jouvenet III., der Große genannt, der größte Kirchenmaler seiner Zeit".
Sein Hauptwerk waren die 1706 entstandenen vier Kolossalgemälde für die
Klosterkirche des Pariser Benediktinerklosters St. Martin-des-Champs. Sie wurden
im Auftrag Ludwigs XIV. für die Ausführung von Gobelins wiederholt und diese
1717 dem Zaren Peter dem Großen zum Geschenk gemacht. Zwei dieser Darstellungen
sind die Vorlagen für die Lichtenthaler Sprechzimmer-Gemälde. (Siehe
Michel, Histoire de l'art, VII./l, p. 99, fig. 52.) Das Original des „Wunderbaren
Fischzugs" befindet sich heute im Museum von Amiens, eine Wiederholung im
Louvre zu Paris, in Kupfer gestochen wurde es von Jean Audran. „Christus bei
Simon mit Magdalena" ist im Besitz des Museums in Lyon, davon ebenfalls eine
Replik im Louvre, Gaspard Duchange fertigte den Kupferstich in großem Format.
Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe besitzt in ihrem Kupferstichkabinett ein
schönes Exemplar davon, ferner in der Gemäldegalerie, französische Abteilung,
ein kleineres Originalgemälde von Jouvenet gleichen Themas, das aber in Einzelheiten
vom Pariser Gemälde verschieden ist.

Da die Gemälde im Lichtenthaler Sprechzimmer genau nach den spiegelverkehrten
Kupferstichen ausgerichtet sind, ist deren Vorlage damit erwiesen. Die
Stiche waren wohl koloriert oder Joseph Meiling hat die Farbangabe vermittelt.

„Es ist sehr bezeichnend für die Richtung von Meiling, seiner Schule und damit
auch seiner Tochter, daß man diese Vorlagen auswählte. Die Art der Weiterverwendung
derartig bekannter Vorlagen gehörte zum guten Stil der Dekorationskunst
des 18. Jahrhunderts. Im Palais Rohan in Straßburg, also an sehr pointierter
Stelle, wurden in den großen Prunksälen und in der Schloßkapelle absichtlich
Kopien nach Raffael, Rubens, Correggio usw. verwendet, zum Teil in Anlehnung
an die königlichen Gemächer in Versailles. Meiling-Vater selbst hat in ähnlicher

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