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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 23
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1966/0025
Zur Traubenkur nach Baden-Baden

Der Sommer 1846 war vielfach bewegt und bot nur zu viele Gelegenheit,
zwischen Karlsruhe und Baden-Baden hin und her zu fahren, so daß mein Bruder
(Ludwig) während mehrerer Wochen auf ärztlichen Rat in Baden eine Traubenkur
gebrauchen mußte88).

Straßburger Reminiszenzen

Der letzte hohe Besuch, den meine Eltern in Baden empfingen, war der Herzog
von Monpensier, jüngster Sohn des Königs Louis Philippe. Er war Inspekteur
der Artillerie und Pontoniers und nach Straßburg geschickt worden, um dort
eine Truppenschau abzuhalten und gleichzeitig eine politische Mission zu erfüllen,
insofern er die königliche Familie wieder einmal im Elsaß repräsentieren sollte.
Der Herzog wurde in Baden mit allen Ehren empfangen, und es wurde ihm
von meinem Vater der Generalleutnant von Lassolaye zugeteilt, welcher ihn in
Kehl zu begrüßen hatte. Sein Aufenthalt in Baden dauerte zwei Tage, worauf
er wieder nach Straßburg zurückkehrte. Unmittelbar nachher beauftragte mich
mein Vater, den Besuch in seinem Namen zu erwidern. Ich verweilte mehrere
Tage bei dem Herzog, da er mich aufforderte, ihn bei seinen Truppenbesichtigungen
zu begleiten (2.—6. 9. 1846). Die Aufnahme war äußerst freundlich und
zuvorkommend; ich wohnte bei ihm in der Präfektur, und zwar in denselben
Räumen, in denen ich später den Kaiser Napoleon besuchte und welche ich nach
dem Wiederaufbau der Präfektur bei dem Besuch unseres Kaisers in Straßburg
bewohnte. Jeder Tag brachte irgendeine militärische Übung und, teils vom
Herzoge, teils diesem von der Stadt gegebenen Festlichkeiten, wie Münsterbeleuchtung
, Bauernfestzug, Ball im Stadthaus u. a.

Von militärischen Übungen sind zu nennen eine Parade der ganzen Garnison
auf dem Polygon, ein großes Artillerieexerzieren von zwei Feldregimentern und
einigen reitenden Batterien, eine Produktion eines Bataillons Chasseurs de Vin-
cennes, verbunden mit Pionierübungen, und endlich ein großer Brückenschlag
durch die Pontonniers über den vollen Rhein (siehe das Bild in „Ortenau 1965"
S. 245). Letzterer gestaltete sich zu einer großen Festlichkeit, bei welcher auch
ich insofern mitzuwirken hatte, als ich den Herzog nach dem Übergang über die
Brücke auf badischem Territorium im Namen meines Vaters zu begrüßen hatte.
Eine badische Infanteriekompagnie erwies dem Herzog die Honneurs, und ich
stellte ihm sämtliche Behörden vor. Nach unserer Rückkehr auf französischen

68) Der Leibarzt des Großherzogs Leopold, A. Guggert, Badearzt in Baden-Baden, gedachte das unheilvolle
Nervenleiden des Erbprinzen Ludwig, des ältesten Bruders von Friedrich I., durch Bäder und Homburger
Wasser, kurieren zu können und lehnte seine Aufnahme in die damals neu gegründete Anstalt Illenau ab. Im
einsamen Schlößchen des Erbprinzengartens in Karlsruhe siechte er langsam körperlich und geistig dahin, bis
er im Januar 1858 starb. In einem Brief an Großherzogin Stephanie schrieb Friedrich I.: „cette pauvre vie
pleine d'infortunc et de souffrances." — In der großherzoglichen Familie war es kein Geheimnis, daß Ludwig
zu der jugendlichen Sängerin Anna Zerr aus Baden-Baden eine heftige Zuneigung gefaßt hatte. Ludwig wurde
entfernt. Kein Wunder, daß er einen verschlossenen Charakter bekam und immer schweigsamer wurde. Schon
1845 war Ludwig unheilbar krank. Seine Schwester Alexandrine vermerkte in einem Brief an Anna Zerr:
Menschenhand hat zerstört, was Gottes Hand zusammengefügt und segnen wollte. (Berl. a. a. O., Seite 190.)

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