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althergebrachte Zollstätte am Grauelsbaumer Fahr ließ man nicht eingehen und
behielt sie als Zwerchzoll bei. Sie ertrug um 1749 von den wenigen übergesetzten
Waren etwa 10 fl. jährlich und war einem Bürger gegen Genuß der Personalfreiheit
und des achten Pfennigs übertragen. Der Verkehr suchte sich andere Wege, es
wurden fast nur noch Personen übergesetzt. Der Fährdienst verlangte einen
geübten und sicheren Fergen; seit 1779 entrichtete der Fischer Gottfried Ludwig
Jahrs 20 fl. Pachtgeld. 1791 versah der Invalide Daniel Ludwig mit seinem Bruder
das Fahr; Landgraf Ludwig X. von Hessen hatte ihm nach 25jähriger Dienstzeit
bei den Pirmasenser Grenadieren dieses Amt neben einem Gnadensold von täglich
drei Kreuzern anvertraut. Die Französische Revolution und ihre Kriege sperrten
die Rheingrenze, die Beziehungen zu den überrheinischen Nachbarn hörten auf.
Damit schlug dem Fahr zu Graueisbaum sein letztes Stündlein. Die Schildgerechtigkeit
seines am Rhein gelegenen Fährwirtshauses zur „Blume" übertrug Joh. Daniel
Stengel nach dem Lichtenauer Vorstädtel. Den Rheinzoll erhob seit 1803 das
Kurfürstentum Baden zu Helmlingen; Schiffe und Flöße legten vor dem „Salmen"
an. An der Stätte der Schwarzacher Klosterfähre verbindet seit 1875 die Schiffbrücke
beide Ufer: Greffern - Drusenheim.
Auf dem Scherzheim-Lichtenauer Fahrwört nahe dem „Graueisbaum", vom
vollen Rhein umflossen, schufen sich die Fährleute in Stützenhütten und Riegelbauten
ihre bescheidene Siedlung: Im Fahr zu Graueisbaum. Ein selbständiges
Gemeinwesen konnte aber nicht entstehen, da der Boden als gemeinschaftliche
Almende Scherzheim und Lichtenau gehörte. Ackerbau und Viehzucht schieden
fast aus. So fristeten die Fergen arm und kümmerlich ihr Dasein. Immerhin waren
sie holz- und weideberechtigt im entlegenen Fünfheimburger Genossenschaftswald
und auf der Gemeindealmende. „Die Burger am Fahr" genossen in den genannten
Orten das Bürgerrecht und halfen mit ihnen, die herrschaftlichen und bürgerlichen
Auflagen abstatten; die Söhne traten ins Bürgertum des Vaters ein. Einem Fremden
aber, der sich am Fahr niederließ, stand es frei, sich in Lichtenau oder Scherzheim
als Bürger anzumelden. Ein Verzeichnis der Untertanen Amts Lichtenau berichtet
1590: Am Graueisbaum 15 Burger, 1 Wittib; 1626 noch 10 Bürger. Nach dem
Schatzungsregister 1685 zählten von den 16 Bürgern 10 nach Lichtenau und 6 nach
Scherzheim. Damals hatte Scherzheim nur 17 Bürger und 5 Witwen, welche an
herrschaftlichen Abgaben 296 fl. trafen; Lichtenau dagegen mit 55 Bürgern leistete
jährlich nicht mehr denn 243 fl. Philipp und Veit Stengel, zwei junge Bürger am
Fahr, deren Väter zu Scherzheim das Bürgerrecht genossen, meldeten sich in
Lichtenau als Bürger an. Auf Beschwerde Scherzheims vom 12. Februar 1688
lautete der Kanzleibefehl: Sie sollen Bürger werden, wo ihre Väter Bürger sind.
1722 mußte Scherzheim durch richterlichen Spruch des Amtes die zehn Bürger, die
bisher zu Lichtenau verbürgert gewesen waren, in sein Bürgertum aufnehmen.
Somit war Graueisbaum ein Teil dieser Gemeinde geworden. Damals wäre die
beste Gelegenheit gewesen, ihm die Selbständigkeit zu geben, weil sie noch in ihren
eigenen Höfen wohnten, eigene Gärten und Güter besaßen und drei Waldstücke
zum Feldbau gerodet hatten. Verzeichnis der Untertanen 1736: 16 Handfröner,
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