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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 183
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1966/0185
erscheinung erwiesen und ist seit dem ersten Weltkrieg als Fabrikbetrieb langsam
zum Erliegen gekommen. Glücklicherweise konnten andere Industrien einspringen
und bewahrten die fleißigen, anspruchslosen Menschen vor dem Hunger.

In dieses düstere Bild fügen sich die Grauelsbaumer Schulverhältnisse ein. Seit
1575 bestand in Lichtenau eine Schule für das ganze Kirchspiel, doch die auswärtigen
Schüler ließen sich wenig darin blicken. Erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts
erhielt Graueisbaum eine eigene Schule. Da aber die Mehrzahl der Bürger
als bettelarme Leute kaum dürftig Brot für ihre starken Familien aufzubringen
vermochten, ging das Schulgeld nur spärlich ein, weshalb die Kirchschaffnei des
Amts Lichtenau seit 1760 jährlich einen Zuschuß von 12 fl. leistete. Einblick
gewährt ein Aktenfaszikel der Gemeinderegistratur.

Im Januar 1773 wurde der junge Dorn von Lichtenau, der in Scherzheim Mesnerarbeit
verrichtet hatte, als Schuldiener nach Graueisbaum angenommen. 1779 verlangte die
Gemeinde wieder einen Schulmeister, und zwar einen solchen, der mit Kost und Lohn
(Schulgeld) vorlieb nähme. Dem Berichte des Lichtenauer Pfarrers Neßler entnehmen wir,
daß die Schule z. Z. von 18 Kindern besucht werde (1733 waren es 22). Die Gemeinde
zählte 29 Bürger, von welchen nur 11 Kinder in die Schule schickten. „Diese Eilfe sind
meist Leute von schlechtem Vermögen, und zwei davon gar arm, so daß sie das Almosen
empfangen. Bisher hat sich die Gemein nicht bewegen lassen, etwas zur Schul beizutragen,
und haben also die wenige und arme die Last der Beköstigung und Schulgeldes allein auf
sich nehmen müssen." Die Gemeindekasse gab also dem Schulmeister keinen Heller, „ob
sie schon an der Erhaltung des Schweinehirten, sie mögen Schweine haben oder nicht,
sämtlich beitragen. Sie haben Matten und Acker unter sich vertheilet, Geld in der
Gemeind eingenommen; ich wollte, sie sollten dem Schulmeister auch einen Anteil geben,
ja ich habe nur verlangt, die, so keine Kinder haben, sollen ihn nur Sonntags speisen, aber
alles vergeblich. Hätte ich dem Dorn nicht sonst geholfen, und er nicht hier etwas
verdient, er hätte seinen Leib nicht bedecken können. Vor 5 Kinder habe ich das Schulgeld
aus dem Almosen bezahlt, und das übrige hat er teils mit Groschen und Kreutzern, teils
gar nicht bekommen."

„Was ist hierbei zu tun? Die armen und kleiderlosen Kinder hierher zu schicken, halte
ich vor unbarmherzig und schädlich. Einen Schulmeister dahien zu setzen, der sich nicht
einmal kleiden und sättigen kann, ist bedenklich." Pfarrer Neßler bringt daher in Vorschlag
, dem Schulmeister neben der freien Kost einen jährlichen Lohn zu geben, das Schulgeld
aber ganz abzuschaffen. Zu der Besoldung würde die Kirchschaffnei wie bisher 12 fl.,
der Almosenfond 4 fl. und den Rest mit 14 fl. die Gemeinde beitragen. „Auf diese Art,
glaube ich, wäre der Sache geholfen und könnte ein junger, lediger Mensch dabei bestehen
."

„Sie haben bei mir um den jungen Heiland angehalten. Er ist künftigen 11. Semptember
15 Jahre alt, übrigens aber zu allem fähig und kann ein gutes Subjektum werden. Sein
Vater ist in schlechten Umständen, und kann er also mit der Grauelsbaumer Kost wohl
vorlieb nehmen. Einem andern, der schon etwas zu seyn sich einbildet, wird sie wol zu
schlecht sein. Mein Sohn (Pfarradjunkt Neßler) hat denselben unterwiesen, und er hat
ihm in der Schule an den kleinen Kindern helfen arbeiten. In der Kirche hat er gar oft
vorgesungen, die Orgel beim Gottesdienst gespielt, ist auch im Buchstabieren, Lesen und

entgeltlich, der Staat leistete Minet einen Geldzuschuß zu seinem Lebensunterhalt. Jedoch verstand er nicht,
die gebotenen Vorteile zu nutzen. Im Januar 1882 übernahm Christian Hackenschmidt von Straßburg durch
Kauf Minets Geschärt. Von den Lehrlingen gingen manche nach Beendigung ihrer Lehrzeit in die Fremde,
nach Straßburg, um sich im Handwerk weiterzubilden. Einer von ihnen, Friedrich Ludwig, machte sich
1876 in Graueisbaum selbständig und brachte als tüchtiger Geschäftsmann seinen Betrieb zu hoher Blüte. Um
1900 beschäftigten beide Korbwarenfabriken je 40—50 Arbeiter. Auch den Frauen bot sich ein kleiner Verdienst
durch Schleißen der Weiden und Stecken.

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