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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 199
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stellt wird, ist höchstwahrscheinlich nur eine Kapelle für die villa Vallator gewesen,
die von der Abtei Schwarzach mitpastoriert wurde; allerhöchstenfalls dürfte sie
eine Propstei gewesen sein. Daß ferner Abt Conradus 1154 an der „neuen" Stelle,
nämlich in Schwarzach, mit dem Bau einer „neuen" Kirche, einer Vorgängerin der
heutigen Schwarzacher Kirche, begonnen haben soll, darf nur so verstanden
werden, daß er über den Fundamenten einer älteren, aus vorromanischer Zeit
stammenden Schwarzacher Klosterkirche die heutige erbaut hat; denn die Fundamente
, die man 1964/65 freigelegt hat, verraten, daß die Schwarzacher Mönche
offenbar mehrere Male bauliche Veränderungen an ihrer Kirche vorgenommen
haben. Für diese Ansicht spricht auch die Tatsache, daß die heutige Kirche nach
dem Schema der Hirsauer Bauschule, und zwar als deren letzte Schöpfung erbaut
ist. Abt Conradus ist nämlich nicht nur zu dem Zweck nach Schwarzach gekommen,
um im Kloster die Zustände in hirsauischem Geiste zu verbessern, sondern um auch
die hirsauische Kirchenbaukunst daselbst einzuführen.

Schließlich muß noch eine angebliche Besitzurkunde aus dem Jahre 1154 als
Fälschung abgelehnt werden. Richtig ist in diesem Zusammenhang nur, daß das
Kloster bis 1154 schwer um seine Existenz rang und sein Besitz immer wieder von
zudringlichen Vögten und Grafen, die dem wehrlosen Kloster hart zusetzten, angetastet
wurde. Daß aber daraufhin Abt Conradus, um das Kloster für alle Zukunft
gegen derartige Übergriffe zu schützen, sich 1154 von Bischof Günther (Speyer) und
Bischof Burckard (Basel) eine Urkunde über seine sämtlichen Besitzungen habe
ausstellen lassen und darin sogar alle Kurien, Besitzungen und Einkünfte namentlich
aufgezählt sind, hält kritischer Forschung nicht stand. Denn außer der „Vita
Pirminii" und der genannten Marktordnung für Vallator von 994 müssen alle
Besitzurkunden von Schwarzach als Fälschungen angesehen werden, nämlich als
Kopien von Besitzurkunden, die im Original niemals existiert haben. Daß die
Mönche solche Fälschungen vornahmen, besonders in Fällen, wo es um Landbesitz
ging, darf uns nicht allzusehr überraschen. Es waren nicht etwa Urkundenfälschungen
im heutigen Sinne, sondern vielmehr Notwehrmaßnahmen gegen eben jene
zudringlichen Vögte und Grafen, gegenüber denen sie sich in ihrer Wehrlosigkeit
nicht anders zu helfen wußten. Ein Teil der Fälschungen erfolgte auch aus Unwissenheit
, indem man oft nicht genau wußte, bis wohin das umstrittene Stück
Land reichte, oder indem man bei Gerechtsamen, die mündlich überliefert waren,
keine volle Sicherheit mehr besaß und die Mönche ihre „Kopien" möglichst zugunsten
des Klosters abfaßten. Ferner drehte es sich bei der damals noch dünnen
Besiedlung oft um Gut, das bis dahin noch herrenlos war und von den Mönchen
einfach in ihr Territorium miteinbezogen wurde. Schließlich ist eine solche, uns
heute bedenklich erscheinende Besitzergreifung von Land oder Gerechtsamen allerorts
vorgekommen, ohne daß jemand Anstoß daran genommen hätte.

Die ganze Verworrenheit in den damaligen Verhältnissen der Abtei Schwarzach,
die Unsicherheit in den historischen Angaben, die zahlreichen gefälschten Besitzurkunden
, die Frage, ob Vallator eine zweite Klostergründung oder eine davon
unabhängige Marktgründung war, die Lücken und Unstimmigkeiten in der series
abbatum (Abtsreihe) jener Zeit, all diese historischen Unsicherheiten zeigen allzu

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