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war. In dem Streite zwischen Kaiser und Papst war es für Abt Wilhelm eine
Selbstverständlichkeit, sich auf die Seite der Kirche, des Papstes und der kirchlichen
Reform zu stellen. Er übernahm die im Kloster Cluny entwickelten Reformen
, formte sie allerdings für deutsche Verhältnisse um und machte aus Hirsau
eine Art „deutsches Cluny". In Deutschland und Österreich schlössen sich der
Kongregation mehr als hundert Klöster in hirsauischem Geiste an. Zahlreiche Neugründungen
gingen von Hirsau aus, ältere Klöster wurden in hirsauischem Sinne
reformiert, so auch die Abtei Schwarzach. So haben Abt Wilhelm und Kloster
Hirsau, welches schon damals eine Pflegestätte der Gelehrsamkeit und Kunstausübung
genannt wurde, das geistige Gesicht des 11. und 12. Jahrhunderts in wesentlichen
Zügen mitgeformt.
Wie führte nun Abt Conradus die Hirsauer Reform in Schwarzach ein? Zunächst
sorgte er dafür, daß bei den verwirrten kirchlich-politischen Verhältnissen eine
klare Linie gezogen wurde: für einen Mönch sind Papst, Bischof und Abt die
höchsten Autoritäten, nicht Kaiser, Herzog oder Graf; denn der Mönch gehört der
Kirche an, nicht dem Troß des weltlichen Herrschers. War eine solche klare Linie
gezogen, wurde der Mönch nicht mehr voll Unruhe hin- und hergerissen; seine
Stellungnahme war ihm von der kirchlichen Autorität vorgezeichnet; jegliches
Disputieren und Gezänk war damit überflüssig geworden.
Die Klosterregel wurde im strengen benediktinischen Geiste erneuert, vor allem,
was die Tageseinteilung und das Chorgebet betraf. Die Stunden für das gemeinsame
Chorgebet waren wieder für jeden streng verbindlich, sofern er nicht durch
Krankheit, dringende Arbeit oder mit besonderer Erlaubnis seiner Oberen (Abt,
Prior, Subprior) davon entbunden wurde. Aber selbst bei dringender Arbeit oder
Erlaubnis seitens der Oberen war er dadurch nicht vom Chorgebet dispensiert,
sondern hatte es unter Gehorsamspflicht privatim nachzuholen.
Selbstverständlich durfte neben dem Ora das Labora nicht vernachlässigt werden.
Abgesehen von den genau vorgeschriebenen Erholungszeiten, den Rekreationen,
hatte jeder Mönch seiner Arbeit nachzugehen, bis die Glocke das Ende der Arbeitszeit
ankündigte.
Die alten Regeln für die Stillung der leiblichen Bedürfnisse kamen wieder zur
Geltung. Die Mahlzeiten mußten pünktlich und gemeinsam und nur im Refektor
eingenommen werden. Es versteht sich, daß für Kranke und solche, die gerade auf
einem dringenden Seelsorgsgang waren, eine andere Regelung getroffen werden
konnte. Die Mahlzeiten mußten frugal zubereitet werden: einfach, aber kräftig
und nahrhaft. Jeder Mönch sollte von jeder Speise etwas nehmen, auch wenn sie
vielleicht nicht so sehr seinem Geschmack entsprach. Wer zum Essen etwas zu
trinken begehrte, mußte sich mit Wasser begnügen. Süßigkeiten, von denen man
damals neben Obst nur Kuchen, der in Ermangelung des Zuckers mit Honig
gesüßt war, also eine Art Lebkuchen, kannte, durften nur an hohen Festtagen
verabreicht werden. Ebenso durfte nur noch an hohen Festtagen Wein zu den
Mahlzeiten getrunken werden und selbst dann nur mit Wasser verdünnt. Ganz
besondere Beachtung sollte wieder den Fast- und Abstinenztagen zukommen: an
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