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und Zöllen war und auf Anfordern jeder Schiffer Holz billig zu den herrschaftlichen
Flößen liefern mußte. Diese Flöße hießen amtlich „Herrenflöße". Sie
brachten neue Unstimmigkeiten. In der Ordnung war für die Schifferschaft im
ganzen eine Jahreshöchstzahl für den Verkauf bestimmt worden. Die Herrenflöße
beschnitten ganz automatisch den Anteil eines jeden an der Summe, bis es schließlich
1544 freigestellt wurde, sie einzurechnen oder nicht.
Nur die Grafschaft Eberstein hatte Floßrecht auf der Murg. Durch die Entwicklung
ergaben sich einige Ausnahmen: Das seit 1366 nicht mehr ebersteinische
Gaggenau wurde im Waldschifferrang zugelassen. Den Loffenauern und Herrenalbern
, die Anteile an Murgmühlen geerbt hatten, wurden zugehörige Einzelrechte
eingeräumt. Seit 1615 mußte die Hälfte der Rheinknechte aus dem markgräflichen
Steinmauern genommen werden.
Die „Ordnung" sollte zunächst 10 Jahre gelten. Dann sollten die Einzelheiten
auf ihre Bewährung überprüft werden. 1498 wurde sie bis 1510 verlängert. Die
älteste Ordnung ist nur mit Nachträgen erhalten, zwischen 1532 und 1539 geschrieben
. Auf den jährlichen Gerichtstagen wurden jeweils abändernde oder zusätzliche
„Abreden" beschlossen, wodurch sich die Ordnung den zeitlichen Umständen
und Erfordernissen entsprechend organisch fortbildete: 1505, 1508, 1509,
1510, 1512, 1514, 1518, 1520, 1521, 1523, 1526, 1528, 1529, 1532. Für die
weitere Entwicklung wurden die Neuerungen von 1510 bedeutsam: Die früher
selbständige, abgesonderte Ordnung für die „Waldflötzer" wurde nämlich mit der
allgemeinen „Ordnung" vereinigt und die Eintrittsbedingungen für die Rhein-
und Waldschiffer festgesetzt.
Um die Privilegien der Schifferordnung genießen zu dürfen, die im Rahmen
der Gernsbacher Stadtfreiheiten gewährt waren, mußten die Schiffer das Gernsbacher
Bürgerrecht mit seiner Handels- und seit 1583 Leibesfreiheit erwerben,
weshalb sie dort Grundbesitz erwerben mußten und im Laufe der Zeit meist
dorthin zogen. Dort erwuchs daraus die Zentrale der Schiffergesellschaften, für
die sich der Name MSch oder kurz Schifferschaft einbürgerte. Der Wegzug
gerade der wirtschaftlich Stärksten wurde für Forbach, Gausbach und Bermers-
bach, die unmittelbar vor dem auszubeutenden Waldbereich lagen, ein schmerzlicher
Nachteil. Es blieb dort nur die Arbeitnehmerschaft der schifferschaftlichen
Waldbesitzer. Andererseits war durch die Zentralisierung in Gernsbach die Vereinheitlichung
, aber auch die überwachende Aufsicht für die leitenden Herrschaftsbeamten
sowie die Abgabenerhebung leichter durchzuführen.
In den dreißiger und vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts erlebte der Holzhandel
seine erste große Blüte. 1544 wurde die „Ordnung" neu gefaßt, und zwar
auf unbestimmte Zeit. Der Inhalt war inzwischen immer umfangreicher geworden.
Die „Ordnung" von 1564 wuchs auf 410 Artikel an. Die letzte „Ordnung" wurde
am 6. August 1626 verkündet, dieses Mal nicht nur vom Markgrafen von Baden
und dem Grafen von Eberstein, sondern auch von dem Erbansprüche an Eberstein
erhebenden Freiherrn Christoph Franz von Wolkenstein. Sie wurde zum
verfassungsartigen Weistum des Holzgewerbes und blieb in Teilen bis zum Ende
der Flößerzeit 1876.
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