http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1966/0258
ein Rechtsspruch, daß HauptschifTer und Geschworene künftig bei den Rügungen
nicht mehr anwesend sein, sondern erst nach denselben ihre Sitze wieder einnehmen
dürften. Die Rügungen über alle schifferschaftlichen Belegschaften hielten
also die beiden herrschaftlichen Vögte allein ab. Dies deutet tiefgehende Meinungsverschiedenheiten
mit der Herrschaft an. Es ist wohl in diesem Zusammenhang
zu sehen, daß es von 1728—1740 und von 1746—1752 keinen HauptschifTer
gab, bis 1743 keine Sechser mehr gewählt wurden und auch die Rügetage unterblieben
.
In diesen schwierig zu meisternden Zeiten war jeder Schiffer auf seine eigene
Tapferkeit angewiesen, um günstige Zeitabschnitte auszunützen. Verlockenderweise
versprach die kräftige Nachfrage zwischen den Kriegen dauernde und
lohnende Geschäfte. Die Regierung aber baute auch bei der MSch ungehemmt ihre
Lenkungstätigkeit aus, wodurch auch das rechtliche Gefüge der MSch sich sachte
und schweigend änderte. Waren die Schiffer zuvor ziemlich eigenherrig gewesen,
so erkundeten jetzt die staatlichen Juristen die Schwächen und Lücken in den
Privilegien der MSch und erklärten alles, was nicht mit geraden Worten zugestanden
war, als Herrschaftsrecht, z. B. die Langholzflößerei und Nebennutzungen
wie Brennholzverkauf und -flößerei, und wiesen die Einreden ab.
Erste weiterführende betriebliche Zusammenlegungen
Die vielverzahnten 307 Waldteile der Schiffer drängten nach dem Dreißigjährigen
Krieg zu strafferer betrieblicher Zusammenfassung. Zuvor hatte jeder
Besitzer selbst den ihm zustehenden Holzhieb in seinem Wald samt den zugehörigen
Vorbereitungen, dem Verkauf und dem Rechnungswesen durchgeführt.
Vor allem die kleineren Schiffer spürten am stärksten die Schwächen der
Organisation, die zwar eine dachmäßige Einheit bildete, darin aber eine Vielzahl
von eigenständigen Betriebs- und Vertriebseinheiten vereinigte. Da sich ein
äußerst verwickeltes rechtliches Bild darstellte, ließen sich die Schiffer im 18. Jahrhundert
nur zögernd überreden, wenigstens die Parzellen passender Walddistrikte
zu sieben Hauptstämmen bewirtschaftungsmäßig zusammenzufassen, die nach
ihren Hauptanteiligern benannt wurden: Weiler, Umbgelter, Rauch, Heinzmann,
Kast, Graf Gronsfeld und Dürr. Die Verflechtung des wirtschaftlichen Betriebsbildes
wird erst richtig offenbar, wenn man bedenkt, daß daneben noch vier
andere Waldgebiete festgestellt wurden, sogenannte „zusammengesetzte, unveränderliche
Teilungen", an denen auch die an den sieben Hauptstämmen Berechtigten
beteiligt waren. Diese Haupt- und Nebenstämme wurden von der zugehörigen
Gruppe bewirtschaftet und verwaltet, also ein erster Ansatz zur Vereinheitlichung
.
Aktenkundig legten 1776 zehn Schiffer den ersten weiterführenden Plan vor,
nach dem wegen der ständigen Strittigkeiten ihre Waldteile und ihr Handel
zusammengeworfen, eine straffer organisierte Gesellschaft gebildet, die Wälder
planvoll durchgehauen, das Holz gemeinschaftlich verkauft, der Erlös aber nach
eines jeden Gerechtigkeiten verteilt werden sollte. Sie vermochten jedoch die
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