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kapitalstarken Männern, die auch vor den zu erwartenden ungewöhnlichen Investitionen
nicht zurückschreckten, 1758 die Murgkompanie erstand. Ihre Aufgabe
war, aus dem Lehenwald die stärksten Rundholz-Stämme, die bei 18,60 m Länge
am dünneren Ende noch einen Durchmesser von mindestens 48 cm hatten, zu
hauen, nach Holland zu verflößen und zu verhandeln, daher der Name Holländerhiebe
.
Um dies zu können, mußten sie die Bäche auch für die Langholzstämme flötzbar
machen, während bisher nur kurze Klötze getriftet werden konnten. Diese Absicht
stellte sich auf der Raumünz bald als undurchführbar heraus wegen der Enge,
den Windungen des Bachlaufs und zu vielen Felstrümmern. Trotz des Widerspruchs
der Schiffer durften sie einen Schleifweg bauen durch den Schiffer-, Forbacher
Heiligen- und Gemeindewald bis nach Forbach (= Holländerweg, heute
noch). Die Schiffer, denen das Murgwasser in der ganzen Länge ihres Waldes gehörte
und die deshalb dort allein die Herren sein wollten, mußten nun doch
befehlsgemäß dulden, daß von da an zwei verschiedene Großbetriebe die Murg-
wasserstraße benutzten. Die Murgkompanie mußte dafür das Murgbett für die
Langholzflößerei in gebundenen Flößen geeignet machen und in Zukunft unterhalten
. Das auf diese Weise ohne Unkosten für sie geräumte und vorgerichtete
Murgbett benützten die Murgschiffer von da an, um bei Raumünzach ihre eigenen
Flöße zusammenzubinden. Eine weitere Bindestelle war bei Forbach. Im übrigen
konnte die fortgeschrittene Wasserbautechnik entgegen den Erwartungen der
Schiffer alle auftretenden Schwierigkeiten meistern.
Den Vorschlag, selber in die Murgkompanie einzutreten, lehnten die Schiffer
mit gutem Grund ab. Als bodenständige Schiffer wollten sie sich als Genossenschaft
grundsätzlich nicht auf einen Spekulationshandel nach einem fremden Land einlassen
und dafür ihre alten, inländischen Märkte, die einen dauernden Absatz
versprachen, durch Vernachlässigung gefährden. Sie blieben daher bei ihrem gut
eingeführten Borthandel. Die Murgkompanie hingegen mußte auf diesen verzichten
. Um so eifriger schlug sie die Stämme nieder (über 100 000 Holländerstämme
aus dem Lehenwald zu je 5 Gulden und reichliche sonstige Nutzung in
40 Jahren), so daß sie trotz ungeahnter Einrichtungskosten noch ein meisterliches
Geschäft machte.
Nur auffallend wenige Schiffer traten als private Aktionäre in die Murgkompanie
ein. Immerhin hat der unerwartete Wagemut der Kompanie auch den
Unternehmungsgeist der Schiffer angefeuert, so daß auch sie mit dem geschäftlichen
Erfolg ihres bescheideneren, vereinzelt bis an den Niederrhein weitergeführten
Handels zufrieden waren. Auf die Dauer gesehen hatten sie den richtigen Weg
gewählt. 1798 hörte die Holländerflößerei der Murgkompanie auf, weil der
Lehenwald leergeschlagen war, und ebenso war es bei den Dürrschen Unternehmungen
im Windecker Genossenschaftswald. Der Staat bewirtschaftete nun
mit den übernommenen Floßeinrichtungen deren völlig kahle Wälder. Zu ihrer
Betreuung gründete er ein besonderes Forstamt in Gernsbach. Der erste Oberforstmeister
von Drais, der Vater des Laufraderfinders, begann eine neuartige,
aktive Forstpflege, indem er erstmals die vielen öden Plätze durch Saat und
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