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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0072
jurist sein müsse. Am 14. Mai wurde die Stelle zur Bewerbung ausgeschrieben.
Obwohl die Sozialdemokraten durch die Reichstagswahl hinter die Demokraten
an die 3. Stelle gerückt worden waren, gaben sie den Anspruch auf die Besetzung
des Postens nicht auf; denn auf dem Rathaus waren sie noch die zweitstärkste
Fraktion. Und die Zentrumspartei erkannte deren Vorschlagsrecht an. Acht Bewerbungen
liefen ein, unter ihnen die Blumenstocks.

Walter Blumenstock stammte aus Villingen, wo er als Sohn eines Uhrmachermeisters
1892 geboren war. Er hatte Volkswirtschaft, Statistik, Geschichte
und Rechtswissenschaft studiert und war an Gerichten, Stadtverwaltungen und
bei Rechtsanwälten tätig gewesen. Zuletzt war er Gerichtsassessor in Heidelberg,
wo er sich auch verheiratete. Seine Hauptinteressengebiete waren öffentliches und
Arbeitsrecht. Er konnte sehr gute Empfehlungen vorweisen und wurde als
einziger Kandidat vorgeschlagen. Dagegen protestierten die Demokraten und
Anhänger der Deutschen Volkspartei und blieben der auf den 15. September anberaumten
Wahl fern. Von 88 Wahlberechtigten (16 Stadträte und 72 Stadtverordnete
) erschienen 62. Auf Blumenstock fielen 56 Stimmen. Am 8. Oktober 1924
wurde er verpflichtet. Zwischen ihm und Holler bestand ein gutes Verhältnis.

Blumenstocks Amtszeit dauerte neun Jahre und fand infolge der politischen
Entwicklung ein vorzeitiges Ende. Am 6. März 1933 hißten die Verbände der SA
und SS auf dem Rathaus die Hakenkreuzfahne. Während Holler der Beflaggung
keinen Widerstand leistete, erklärte Blumenstock: Die Fahne, die auf dem
Offenburger Rathaus gewaltsam gehißt wurde, sei das Kampfsymbol einer politischen
Partei, die die schärfste Gegnerin von politischen Ideen sei, denen er mit
dem Verstände und mit dem Herzen anhänge und denen er gerade in dieser
Stunde treu bleibe; er könne in diesem Hause nicht arbeiten, bis dieser rechtswidrige
Akt entweder legalisiert oder rückgängig gemacht werde. Blumenstock
bat, ihn solange zu beurlauben. Als Antwort stellte die Fraktion der NSDAP
Antrag auf Dienstentlassung und Amtsenthebung. In der Tagespresse wurde die
Angelegenheit leidenschaftlich diskutiert. Gegen die Wiederaufnahme des Dienstes
durch Blumenstock legten die Nationalsozialisten Verwahrung ein. Es folgte die
Zwangsbeurlaubung. Und am 16. August entließ der Reichsstatthalter Bürgermeister
Blumenstock wegen nationaler UnZuverlässigkeit auf Grund des Paragraphen
4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums.

In einem Abschiedswort in der Presse rief Blumenstock den Offenburgern ein
„Auf Wiedersehn" zu und verließ die Stadt. Über die Schweiz gelangte er nach
Holland. In Haarlem ließ er sich als Exporteur für Schweizer Erzeugnisse nieder.
Am 5. Mai 1952 fand er Anstellung im Auswärtigen Amt. Im Jahre 1956 wurde
er Leiter der Wirtschaftsabteilung des deutschen Konsulats Rotterdam. In dieser
Stadt lebt er seit seiner Zurruhesetzung im Jahre 1962.

Die anfallenden Verwaltungsarbeiten forderten eine baldige Wiederbesetzung
der Stelle. Bis zur endgültigen Regelung versah Stadtrat Karl Rombach, Ortsgruppenleiter
der NSDAP, den Posten. Er stammte aus Ettenheimmünster. Seit
1927 war er in der Offenburger Kunstmühle tätig gewesen. Als Bürgermeister-

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