http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0112
Seit etwa 1855 ließ die Zahl ganzer auswandernder Familien nach. Von da an
wanderten überwiegend unverheiratete junge Leute aus, je nach dem vor dem
Eintritt in das heerespflichtige Alter, oder nachdem sie ihrer Dienstpflicht genügt
hatten.
Als sich die Möglichkeit bot, Leute, die die Kosten der Überfahrt nicht aufbringen
konnten, mit Hilfe von Staat, Gemeinden und Stiftungen auswandern zu
lassen, hätte manche Gemeindeverwaltung am liebsten die gesamte minderbemittelte
Bevölkerung weggeschickt. Auch die Gemeinde Nordrach hatte die Absicht,
arme Bewohner nach Amerika auf Staatskosten abzuschieben. Auf einen diesbezüglichen
Aufruf vom 7. März 1952 meldeten sich so viele Anwärter3), daß die
Gemeinde die Sache wieder rückgängig machen mußte, weil das Bezirksamt
Gengenbach4) und die Regierung des Mittelrheinkreises in Rastatt5) die Überfahrtskosten
der vorgeschlagenen Auswanderungslustigen für all die Gemeinden
ablehnte, die Wald- und sonstigen Vermögensbesitz hatten. Da die Gemeinde
Nordrach zu dieser Zeit überdies eine Schuldenlast von 25 000 Gulden hatte, so
wurde auch eine Darlehensaufnahme, mit der die Auswanderungskosten bestritten
werden sollten, abgelehnt, damit die zurückgebliebenen Bürger nicht noch in
größere Not gerieten.
Es wurden damals in den Jahren 1851 bis 1855 etwa 50 000 fl. vom Staate für
die Auswanderung bereit gestellt. Von diesem Gelde wurde auch die Überfahrt
der Auswanderer von Nordrach-Kolonie finanziert, da die Stabsgemeinde keinerlei
Vermögen besaß.
Leider ist bei den meisten Auswanderern das Auswanderungsziel in den Auswanderungsländern
nicht angegeben. Auch der Ortsteil des weitläufigen Nordrachtals
fehlt fast überall, in dem die Auswanderer ansässig waren. Es ist daher
schlecht festzustellen, aus welcher Sippe die Auswanderer stammen, zumal sehr
viele Familien den gleichen Namen führen, wie zum Beispiel die Familiennamen
Oehler, deren es um die Mitte des vorigen Jahrhunderts im Nordrachtal nach
einem Bürgerverzeichnis über 35 Familien gab. Auch die Familiennamen Spitzmüller
, Herrmann, Bildstein u. a. sind mehrfach vorhanden. Wo die nötigen Angaben
und besondere Umstände in den Akten angegeben sind, werden diese kurz
gefaßt wiedergegeben, damit die jetzige Generation anhand dieses Auswanderungsverzeichnisses
besser feststellen kann, welche Vorfahren im 18., 19. und
20. Jahrhundert die Heimat in schweren Zeiten verlassen haben.
In den nachstehend aufgeführten Auswanderungsverzeichnissen sind die Auswanderer
von Nordrach und Nordrach-Kolonie getrennt aufgeführt, weil die
Stabhalterei Nordrach-Kolonie erst am 1. April 1929 mit der Gemeinde Nordrach
vereinigt wurde6).
3) GK 368/1787, Bl 41—42.
4) Ebenda, Bl 43—44.
5) Ebenda, Bl 45—49.
6) Bad. Staatsanzeiger vom 17. Dezember 192C.
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