http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0119
östlich neben dem Hauptwohnbau sicherte diesen Teil des Berings ein wohl
nach innen offener, halbrunder Flankierungsturm.
Angeschlossen an die obere Burg, jedoch eine steilabgesetzte Terrasse tiefer, war
gleichzeitig (1465) der untere Zwingelhof mit einer nur etwa 1 m dicken Umfassungsmauer
entstanden. In diese war nach Art der Streichwehre ein ebenfalls
nach innen offener, mächtiger Batterieturm eingefügt worden. Er hatte drei Schießscharten
, sog. Maulscharten, mit bis zu dreiviertel Meter sich nach innen erweiternden
Kammern. Nach Ausweis des Bildes von 1655 ragte dieses Wehr-
türmchen wie ein Kommandoturm hoch über den ganzen Zwingerhof. Von hier
aus kündigte später ein Alarmgeschütz jeweils eine nahende Gefahr an, was zugleich
für die Besatzung das Zeichen zum Sammeln und zum Einnehmen der Verteidigungsstellung
war. Die ganze Anlage ist ein einmaliges Zeugnis der neuesten
Technik damaliger Festungsbaukunst.
Klar und einsichtig wie eine lebendige Landkarte lag die umgebende Landschaft
bis in weite Fernen (vor allem in den Richtungen des Kinzigtals) vor den
Augen eines Beobachters von der Höhe unserer Burg, die sich daher für die
Bewachung dieses so wichtigen Ubergangsgebietes zu den Schwarzwaldpässen vorzüglich
eignete. Fügen wir noch hinzu, daß die Burgfelsen auf allen Seiten steil
in die Tiefe stürzen, mit Ausnahme auf der Zugangsseite beim Halsgraben, wo
durch den Turm ein zusätzlicher Schutz geschaffen war. So rundet sich das Bild
einer für lange Zeit fast uneinnehmbaren Feste.
Graf Heinrich VI. hat sich in dieser seiner Lieblingsschöpfung öfters aufgehalten.
Später wohnten oft jüngere Sprossen des Hauses Fürstenberg dort. Im Jahr 1504
und später beherbergte Graf Wolfgang seinen Gönner Kaiser Maximilian I. in
diesem schmucken Bau. Doch bot das weitläufige Haus noch Raum genug für die
Burgvögte und zuweilen für die fürstenbergischen Oberbeamten der Herrschaft
Kinzigtal. Der niedere Adel zog gern in solcher Eigenschaft in diese achtungheischende
Burg, wie Claus Marschalk, Hans von Schowenburg, genannt Heffinger,
Conrad von Brantloh, Wilhelm Hummel von Staufenberg, Michel Spiser, Hans
und Conrad von Felsenberg, Hans von Reckenbach, Martin von Blumeneck, Gallus
Fürstenberger und als letzter Christoph Stächelin von Stockburg.
Hundert Jahre wurde an der Burg nichts mehr gemacht. Dann aber zeigten sich
Verfallserscheinungen, am augenfälligsten am Turmhelm, der dem Wetter am
meisten ausgesetzt war. Dieser mußte daher 1574 erneuert werden und ebenso
das Dachwerk auf dem ganzen übrigen Schloß. Die Mauern jedoch hatten alle
Stürme des Jahrhunderts glücklich überdauert. Seither wurde die Burg laufend
in gutem Stand gehalten und verbessert.
Die Kriegskunst verlangt Anschlußwerke
Unter dem Schloß war zwar die engste Stelle im Tal, aber zur militärischen
Sperrung reichte die Burg bei weitem nicht aus. Deshalb begann der Schwäbische
Kreis 1622 am Fuße der Burg in der Talaue mit dem Bau von sperrenden Erdwerken
, aus denen bis 1627 zwei wichtige Verteidigungswerke erwuchsen, das
117
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0119