http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0211
eingehalten. Unterm 16. Januar 1673 fertigte der Rat eine Generalquittung aus,
sprach Hanau ledig und gab vertragsgemäß die Öffnung Lichtenaus und das herkömmliche
Geleitsrecht durch das Amt frei"). Nach Aufhebung der Geleitsbereitung
oblag die Sicherung der Straße dem Landbereiter. Doch behielt Straßburg Lichtenau
in guter Erinnerung. Hatte man 1654 als einziger Gemeinde des Hanauerlandes
zur Wiederherstellung der ausgebrannten Kirche eine Haussammlung in der Stadt
erlaubt, so ließen Meister und Rat zum erneuten Aufbau des kriegszerstörten
Gotteshauses zur Bezeugung ihres Mitgefühls am 14. Mai 1701 durch Ammeister
Reißeißen dem Kirchenschaffner 100 fl. überreichen.
6) Durch Vergleich wurde Straßburg 1658 das Geleitsrecht erneut gestattet: Die Stadt durfte ihre Bürger
bei Meßzeiten auf Ersuchen mit bewaffneten Geleitsreitern durch das Amt Lichtenau begleiten (Gen. 50).
Darum unterhielt Straßburg die Landstraße oberhalb Boderswcier nach dem Rheinpaß Kehl, ebenso vom
Gutleuthaus zu Neumühl bis dahin selbst (Gen. 43).
Sitte und Brauchtum des Landkreises BühP
von Friedrich K o b e r
Der Karolustag (4. November)
Er war in N e u s a t z das Hauptfest des Jahres. Kirchweih kannten die Walchen
nicht, seit Menschengedenken war kein öffentlicher Tanz abgehalten worden, erst
recht nicht am Karolustag, dem Ehrentag des Kirchenpatrons: Fast in jeder Familie
hieß einer der Söhne Karl. An diesem Tag rauchten die Kamine länger als an
sonstigen Festtagen, denn — man staune: sogar Kuchen wurden gebacken für
diesen Tag! Und der Haupt- (und einzige) Gang des Mahles war ein Schweinebraten
mit Apfelschnitzen als Zuspeise. An diesem Tag aßen sich alle Familienmitglieder
einmal gründlich satt. Und nach der Vesper gingen die Männer ins
Wirtshaus und leisteten sich eine Zigarre zu 5 Pfennig. Die Frauen beguckten die
mit Süßigkeiten bestückten Marktstände, aber sonderliches Geschäft machte nur
einer von ihnen, der mit der Roulette. Weil sie verboten war, suchte der unternehmende
Inhaber erst die vier Himmelsgegenden ab, ob ja kein Gendarm in der
Nähe war. Das Spiel kostete 2 Pfennig pro Teilnehmer. Sechs Karten wurden
jeweils ausgegeben an die kleinen Glücksspieler. Das ganze Erträgnis belief sich
schätzungsweise auf höchstens zwei Taler für den Tag, denn während der Gottesdienste
mußten die Buden geschlossen bleiben.
Kirchweih
In den Dörfern der Rheinebene dagegen wurde üppig geschmaust
und ausgiebig getrunken und nach Herzenslust getanzt. Mehrere Tage dauerte
dieses Fest zum Gedenken an die Weihe der Ortskirche. Weil jedoch diese Orts-
*) Siehe die früheren Teile in „Die Ortenau" 1964 und 1965.
14 Die Ortenau
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