http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0241
2. darum gebeten wird, diese Angelegenheit im Kurausschuß zu beraten." (Prot,
v. 15.11.1965.) Daran schloß sich eine eingehende Aussprache an, wobei von
verschiedenen Stadträten wichtige und sachkundige Hinweise, zum Teil aus persönlicher
Berufserfahrung, gegeben wurden. So war die Rede davon, daß man auf
die Weinbrenner-Pläne im Generallandesarchiv zurückgreifen solle. Für die Erneuerung
der Saaldecke solle man wiederum — wie einst — Holzkonstruktionen verwenden
; die hervorragende Akustik des Saales sei vor allem hierin begründet.
Übernehme man, wie geplant, die Herstellung der äußeren Architektur in den
Formen Weinbrenners, dann solle man auch im Inneren den Gartensaal in der
alten klassischen Bauweise und möglichst in der alten Farbgebung wiederherstellen.
Ferner wurde empfohlen, auch den Kunsthistorischen Lehrstuhl der Technischen
Hochschule Karlsruhe gutachtlich heranzuziehen. Kurz: man war einstimmig auch
in diesem Gremium der Auffassung, der Saal müsse im ursprünglichen Weinbrennerstil
wiederhergestellt werden.
Nachdem in beiden maßgebenden Gremien man grundsätzlich der gleichen, eben
genannten Auffassung war, wurden als bautechnischer Leiter der Renovierungsarbeiten
Ingenieur Pflüger und als Gestalter der innenarchitektonisch-künstlerischen
Arbeiten des Saales Innenarchitekt Wolfgang Freiherr von Herzogenberg
und für die künstlerisch-dekorativen Malerarbeiten der Münchener Kunstmaler
Kunze bestimmt.
Schon in einer Sitzung am 20. Dezember 1965 des Verwaltungsrates der Bäder-
und Kurverwaltung mit den drei ausführenden technischen, architektonischen und
künstlerischen Gestaltern wurden nach einer sehr eingehenden Aussprache, an der
auch der Verfasser teilnahm, die Vorschläge der genannten Restauratoren durch
einstimmige Entschließungen genehmigt und die Termine der Fertigstellung festgelegt
. Und dann begann ein eifriges Arbeiten vom Keller bis zum Dachboden des
großen alten Weinbrennersaales.
Peinliche Überraschungen
Schon gleich zu Beginn der Restaurationsarbeiten mußte der Mittelteil des Kurhauses
polizeilich gesperrt werden. Denn als man zunächst oben auf dem Dachboden
begann, da bot sich ein wahrhaft erschütternder Anblick: Das fast 150 Jahre
alte Gebälk des Gartensaal-Dachstocks war weitgehend verfault und vom Holzwurm
zerfressen!
Nun wurde auf Grund zweier Gutachten von der Technischen Hochschule Karlsruhe
— Prof. Dr. ing. B. Fritz und Dr. ing. Utescher — die vorhandene, vom
Holzbock befallene Konstruktion der einsturzgefährdeten Decke einschließlich Dach
abgenommen und durch eine neue Konstruktion ersetzt. Selbstverständlich blieben
die so umfangreichen Reparaturen am Kurhaus der Öffentlichkeit nicht verborgen;
das Interesse war allgemein. Und was man als objektiv feststehend aus der lokalen
Presse und aus den Gutachten erfuhr, das war alarmierend genug, um nun auch
die große Sensationspresse auf das aufmerksam zu machen, was in dem weltbekannten
Baden-Baden geschieht: mit knalligen Überschriften und Schlagzeilen
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