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26. Der Herrschaftswechsel von 1771, und wie er sich auswirkte
Nach einem Erbvertrag zwischen den regierenden Häusern Baden-Baden und
Baden-Durlach sollte beim Aussterben der baden-badischen Linie im Mannesstamme
deren Besitz an das Haus Baden-Durlach fallen. Dies war der Fall mit
dem Tode des letzten baden-badischen Markgrafen Georg August im Jahre 1771.
Es war ein beträchtliches Erbe, das Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach
als lachendem Erben zufiel: der große Landbesitz der Bernhardinischen Linie mit
seinen Steuerleistungen und Zehnten, seinen Hofgütern und Waldungen und allen
möglichen sonstigen Einkünften. Mit diesem Erbe übernahm Baden-Durlach aber
auch alle möglichen Aufgaben und Probleme und mancherlei Rechtsfälle und
Forderungen.
In Karlsruhe aber war man bereit, an diese Dinge heranzugehen. Eine gut
funktionierende Verwaltung kam dabei der Regierung zustatten. Bald merkte
man, daß auf verschiedenen Gebieten ein frischer Wind im Land wehte und daß
die neue Herrschaft auch gewillt war, veraltete und überholte Einrichtungen zu
überprüfen und unter Umständen abzuschaffen. So lassen sich nach 1771 in den
verschiedensten Bereichen neuartige Maßnahmen und bedeutungsvolle Entscheidungen
feststellen. Es wurde aufgeforstet, Land wurde umgelegt — eine Flurbereinigung
im kleinen, die Rentabilität von Betrieben überprüft, das Weidrecht
neu geordnet.
Auf Friesenheim bezogen, stand eben diese Frage des Weidrechts im Vordergrund
. Die lästige Bindung in dieser Sache an Schuttern hatte immer wieder zu
Streit und Zwistigkeiten geführt. Nachdem bereits in den „österreichischen Orten"
die Gemeinds- oder Koppelweiden aufgehoben worden waren, sollte auch sonst
nach diesem Beispiel verfahren werden. Schon 1772 schrieb der Amtmann von
Mahlberg: „Gleich bei meiner Ankunft habe ich den Mißbrauch solcher Gemeindsweiden
eingesehen und bin auf Mittel bedacht gewesen, wie darin zu helfen sei."
Freilich ging die Lösung des alten Verhältnisses nicht ohne Schwierigkeiten vor
sich. Die Aufteilung sah zunächst so aus, daß Schuttern die früher gemeinsame
Allmend erhalten sollte, Friesenheim dagegen den See, den Brand und die Brandmatte
. Mit dieser Entscheidung war Schuttern nicht einverstanden. Es kam zu
einem Prozeß, der schließlich 1784 dahingehend geschlichtet wurde, daß Schuttern
neben der Allmend noch die halbe Brandmatte erhielt, während es für Friesenheim
beim See, dem Brand und der andern Hälfte der Brandmatte blieb.
In diesem Zusammenhang ist es auch angebracht, die Auflösung des Sternberger
Guts zu erwähnen. Für die baufällige Burg Sternberg oberhalb des Ortes gab es
keine sinnvolle Verwendung mehr. Der Markgraf ließ die Gebäude abbrechen und
den Burggraben durch die Friesenheimer Bauern zuwerfen. Was zum ehemaligen
Sternberger Gut gehörte, ließ er versteigern. Dies bedeutete eine erwünschte Vermehrung
des bäuerlichen Grundbesitzes der Ortsbewohner.
In dieser Zeit vollzogen sich verschiedene Veränderungen im landwirtschaftlichen
Betrieb. Die Weidwirtschaft erfuhr eine starke Einschränkung. Die Bauern
gingen zu Stallfütterung über, wobei der Klee als neues, ergiebiges Grünfutter,
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