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Abteilung, die keinen gemeinsamen Chef hatten und „ihrer eigenen Idee folgten",
Ursache von Mißhelligkeiten.
Schon 1805 führte Hauptmann Gönner Beschwerde beim kurfürstlichen Stadtgericht
: Seine eifrigsten Bemühungen würden vereitelt und seien fruchtlos, wenn
die ihm unterstellte Compagnie (Infanterie) nicht durch zweckdienliche Maßregeln
zur Beobachtung einer strengen Disziplin angehalten werde; deshalb habe
er mit den Ober- und Unteroffizieren und einem Ausschuß ein Reglement entworfen
, mit dessen Hilfe dem bisherigen Unfug gesteuert werden könne. Er bat
um die Erneuerung der Vorschrift, nach der jeder Bürger sechs Jahre Milizdienst
leisten oder einen Reichstaler in die Compagnie-Kasse zahlen müsse, und um die
Befugnis, die Zuwiderhandelnden bestrafen zu dürfen. Eine Stellungnahme der
angesprochenen Behörde ist nicht überliefert.
1812 klagte Gönner erneut über das „subordinationswidrige Betragen einiger
Stadtmiliz-Individuen". Die Vorgänge spielten sich in seiner Wirtschaft „Fortuna"
ab. Gönner sah sich genötigt, den Bürgermeister zu Hilfe zu rufen. Im August
1814 legte er dem Kinzigkreis-Direktorium ein neues Reglement vor und sprach
den dringenden Wunsch aus, ihn auf seinem Posten zu schützen und diese
Satzungen im Interesse der Eintracht und der Subordination zu genehmigen.
Sonst würde das Corps der Auflösung verfallen. Aber das Direktorium beanstandete
die Statuten in der vorgelegten Form, weil die Offiziere für sich zu
viele Befugnisse beanspruchten. Die Mitglieder würden sich eine Strafgewalt von
seiten der Chefs, die „nur ihres Gleichen sind", nicht gefallen lassen. Das Corps
sollte der Aufsicht des Oberamts unterstellt werden. Der Grundsatz der Dienstpflicht
wurde gebilligt. Die Anträge auf Befreiung sollten dem Oberamt vorgelegt
werden. Ihm sollten auch die Loskaufsgebühr entrichtet und Verstöße gegen die
Disziplin angezeigt werden. Ferner sollten ihm die Ernennung und Entlassung
der Offiziere obliegen. Nur mit seiner Genehmigung sollte das Infanterie-Corps
ausrücken dürfen. Diese Beanstandungen und Korrekturen mußten auf den Chef
entmutigend wirken.
Im Jahre 1819 sah sich Gönner wiederum gezwungen, das Oberamt um Hilfe
zu bitten. Die Bürger Josef Weiser und Josef Göring hatten sich geweigert, der
Dienstpflicht zu genügen bzw. die Loskaufsumme zu entrichten. Weiser wurde
wegen seiner schwächlichen Gesundheit dispensiert. Das Gesuch des Metzgermeisters
Göring wurde abgelehnt. Ihm wurde bedeutet: „Er kann sich keinesfalls
loszählen. Wie könnte er sonst sein Gewerbe bestreiten?"
Es ist verständlich, daß Gönner drei Jahre später das Amt des Compagnie-
Chefs zur Verfügung stellte. Ein ebenbürtiger Ersatz konnte nicht gefunden
werden. Die Stelle blieb unbesetzt.
Inzwischen hatte man höheren Orts doch daran gezweifelt, ob es sinnvoll ist,
die jungen Bürger zum Eintritt in die Miliz zu zwingen; denn der Dienst konnte
das Familienleben beeinträchtigen und die berufliche Arbeit stören. In diesem
Sinne richtete das Oberamt an das Kreisdirektorium eine Anfrage. Letzteres antwortete
, es liege kein Gesetz vor, das die jungen Bürger verpflichte, in die „ohnehin
freiwilligen Corps einzutreten".
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