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d) durch Urteil Großh. Kreis-Hofgerichts Offenburg vom 30. Dezember 1869 wegen
zweiten Rückfalls und dritten Diebstahls zu einer Zuchthausstrafe von 1 Jahr oder
8 Monaten Einzelhaft.
Durch die letzteren Urteile wurde Sebastian Schwarz jeweils auf ein Jahr unter
polizeiliche Aufsicht gestellt und er wegen Bruch derselben am 31. Mai 1869 in eine
14tägige und am 2. August 1869 in eine vierwöchige und neuerdings wieder am
10. März 1871 in eine vierwöchige Amtsgefängnisstrafe, sowie zwischenhinein wegen
unbefugten Tragens eines Ehrenzeichens am 22. Januar 1871 in eine achttägige Gefängnisstrafe
genommen.
Da Sebastian Schwarz im Frühjahr 1871 schon wieder wegen Diebstahls verurteilt
wurde und die Strafe im Zuchthaus Bruchsal abbüßte, hat das Großh. Bezirksamt
Gengenbach beim Großh. Justizministerium beantragt, da bei Schwarz doch keine
Besserung mehr zu erwarten sei, daß Schwarz auf Kosten des Staats und der Gemeinde
Nordrach nach Amerika befördert wird. Da die Gemeinde Nordrach sich erbot, 50 fl.
an den Überfahrtkosten zu bezahlen, wurde dem Antrag stattgegeben und von dem
Rest seiner Strafe unter der Bedingung der Auswanderung nach Amerika und
Nimmerwiederkehr begnadigt. Sebastian Schwarz war mit dieser Bedingung einverstanden
. Er hat am 17. November 1871 von Bremen aus mit dem Schiffe „Freihandel
" die Reise nach New York angetreten45).
45. Im Sept. 1871: Heiter, Fidel, ledig, gebürtig von Nordrach, wurde wegen Diebstahl,
Unterschlagungen, Fälschung von Privaturkunden und Betrugs durch Urteil Großh.
Kreis- und Hof gerichts Offenburg vom 4.4.1870 zu 2 Jahren 8 Monaten Einzelhaft
verurteilt. Vom gleichen Gericht wurde die am 3. 5. 1870 ausgesprochene Geldstrafe
von 300 Gulden wegen Unbeibringung in 2 Monate Zuchthausstrafe verwandelt.
Am 5.7.1871 beantragte das Großh. Bezirksamt Gengenbach beim Justizministerium,
den Fidel Heiter und abermals für Sebastian Schwarz, die Auswanderung nach Nordamerika
und Bewilligung der Mittel hierfür, da an eine Besserung dieser sittlich ganz
verkommenen Menschen bei uns doch nicht mehr zu denken sei. Sie kann aber erwartet
werden, wenn die Individuen in einem fremden Lande sehen, daß sie arbeiten müssen,
wenn sie nicht gehängt werden wollen.
Hierauf wurde vom Großh. Justizministerium am 4. 8. 1871 verfügt, daß die noch
nicht verbüßte Zuchthausstrafe unter der Bedingung gnadenweise nachgelassen
wird, daß Fidel Heiter unmittelbar nach seiner Entlassung auswandere und niemals
wieder zurückkehrt. Diese Bedingung wurde von Heiter anerkannt. Anfangs September
1871 ist er nach Nordamerika ausgewandert. Die Überfahrtskosten wurden
aus der Staatskasse bezahlt46).
46. Im März 1871: Doli, Anton, ledig, geb. den 18. 1. 1851 zu Nordrach, Sohn des Landwirts
Johann Doli und der Kunigunde Hildenbrand, wandert mit Zustimmung der
Eltern nach Nordamerika aus, wo der Bruder des Vaters ein eigenes Geschäft
besitzt47).
47. Im Mai 1872: Oehler, Mathias, Schreiner, ledig, geb. den 23.2.1854 zu Nordrach,
wandert mit Genehmigung seiner Eltern, Vinzenz Oehler und Katharina geb. Erdrich,
zu einem schon früher ausgewanderten Vetter nach Nordamerika aus48).
48. Im Februar 1872: Oehler, Johann, ledig, geb. den 2. 1. 1854 zu Nordrach, Sohn des
Taglöhners Ludwig Oehler und dessen Ehefrau Katharina geb. Räpple vom Hasenberg
, wandert mit Genehmigung der Eltern nach Nordamerika aus, wohin schon früher
3 Brüder und 4 Schwestern ausgewandert sind, zu denen er sich begibt. Die Überfahrtkosten
werden von den Verwandten bezahlt.
Diese 3 Brüder und 4 Schwestern sind ebenfalls nicht in den Auswanderungsakten
verzeichnet, so daß angenommen werden kann, daß auch sie ohne Auswanderungsgenehmigung
das Nordrachtal verlassen haben49).
45) GK 368/339, Fol. 1—17 und 28—32. 47) GK 368/305, Fol. 1—5. 49) GK 368/325, Fol. 1—6.
46) GK 368/339, Fol. 18—27. 48) GK 368/328, Fol. 1—3.
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