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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
48. Jahresband.1968
Seite: 243
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1968/0245
Scherzheimer Pfarrers und Enkel Pfarrer Neßlers, als Medicus und Chirurgus für
die zwei eingegangenen Barbierstuben auf 5. September 1797 gnädigst berufen.
Bald geriet Dr. Kobelt als Inhaber einer zünftigen Barbierstube in Konflikt mit
der Barbierzunft. Weil des Krieges wegen erst nach dreijähriger Pause wieder die
Zunft unter ihrem Oberherrn, Landespysikus Dr. Huhn, tagte, legten die Meister
Beschwerde ein, daß Dr. Kobelt weder vor der Zunft erscheine, noch das Aufnahme
- und jährliche Auflagegeld zahlen wolle. Eine Anfrage der Hessen-Hanau-
Lichtenbergischen Regierung in Darmstadt beantwortete Dr. Huhn unterm 20. Oktober
1800: Herr Dr. und Chirurgus Kobelt lasse zur Ader sowohl auf seiner
Stube wie auch aus dem Hause, öffne Eitergeschwüre, setze Blattern, verbinde
solche und dgl., lasse in seinem Namen einen emigrierten Perückenmacher aus Ingweiler
barbieren und übe dasjenige aus, was die übrigen Chirurgi auf dem Lande
ausüben . . . Laut Regierungsprotokoll vom 29. Oktober wurde Dr. Kobelt nun
zur Zahlung der 14 fl. Annahmegebühr und des jährlichen Auflagegeldes mit
1 fl. 3 ß in die Barbierzunft angewiesen.

In einer geziemenden Vorstellung an die Regierung setzte sich Dr. Kobelt zur
Wehr, da er als ein von der Medizinischen Fakultät zu Gießen geprüfter und angenommener
Doktor medicinae et chirurgiae zweifellos der ihm zugemuteten Einweisung
in die Barbierzunft überhoben sein dürfte. Auch habe er die Arzt- und
Chirurgusqualität zu Lichtenau zugesichert erhalten, ohne daß von einer Mitgliedschaft
in der Barbierzunft die Rede gewesen sei. Übrigens gebe sich Dr. Huhn auch
mit der Chirurgie ab, unternehme Beinbrüche und sonstige gar unwichtige
Operationen, worüber der Barbier im Innern seufze, weil er, seine unbegrenzte
Rache fürchtend, sich nicht zu beklagen traue, weshalb Dr. Kobelt ersuchte, ihn
von der zünftigen Aufnahme loszusprechen. Allein die Barbierzunft bestand,
wohl unter dem Geschäftsneide ihres Oberherrn, da Dr. Kobelt seine Praxis bis
ins obere Amt ausgedehnt hatte, auf Vollzug des Hochfürstl. Regierungsbefehls
und ihrer Gerechtsame. Der Streit zog sich in die Länge, und nachdem Dr. Kobelt
seinen Wirkungskreis in Lichtenau allzu beschränkt empfand, weil er mit zwei
anderen besoldeten Ärzten, Hofrat und Landesphysikus Dr. Huhn zu Bischofsheim
und dem Klosterarzt Dr. Wolf in Schwarzach, konkurrieren mußte, übernahm
er nach dem Tode Dr. Exters im August 1802 zum großen Bedauern seiner
Patienten dessen Praxis zu Kork (Lichtenau Konv. 11).

In dem Streben der Zünfte machte sich neben mancherlei Berechtigtem auch viel
Ungesundes geltend. Auf gesunder Grundlage beruhten die Vorschriften über die
Lehrzeit, die Ledigsprechung, die Wanderjahre des Gesellen zu seiner weiteren
Ausbildung und um Welt und Menschen kennenzulernen, ferner über den Nachweis
der Befähigung durch das Meisterstück, um Pfuscher und Stümper fernzuhalten
und endlich die Festsetzung des Zahlenverhältnisses zwischen Gesellen und
Lehrlingen. Ungesund war die Abschließung der Zunft gegen auswärtige Eindringlinge
, die Verhinderung des freien Wettbewerbs, die den Zuzug von auswärts erschwerte
, sowie die Ausnahmebestimmungen für Meistersöhne. Bereits 1731 war
eine allgemeine Reichsverordnung zur Abstellung der in den Zünften eingerissenen

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