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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
48. Jahresband.1968
Seite: 258
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auch sozialer und wirtschaftlicher Art; in Böhmen kamen nationale Elemente dazu.
Der tschechische Unwille wandte sich gegen den deutschen „Eindringling"; die
durchweg ärmeren Tschechen richteten sich gegen Deutsche und Deutschstämmige,
die sowohl in der Kirche wie im Staat die entscheidendsten Positionen innehatten.
Nationale Leidenschaft führte bald zu Mord und Vertreibung, das Deutschtum
erlitt in den folgenden Jahrzehnten in Böhmen seinen ersten harten Rückschlag.

Es fehlen uns leider die ergiebigen geschichtlichen Belege über die Tätigkeit des
Prager Generalvikars. In der Hussitenzeit sind viele Quellen über ihn verschwunden
. Die Legende hat dann die geschichtlichen Fakten umrankt; die
historische Spur des Johannes von Pomuk ist im Hussitensturm zugeworfen
worden.

Johannes Hus, Professor in Prag, seit 1412 im Kirchenbann wegen seiner
revolutionären kirchenpolitischen Vorstellungen, hat den Funken ins tschechische
Pulverfaß gebracht. In Konstanz wurde er am 6. Juli 1415 verbrannt, der königliche
Geleitbrief hatte gegenüber dem „hartnäckigen Ketzer" seine Gültigkeit verloren
. Die „Ketzereien" waren verdammt, für Kirche und Reich schien dieser
„Fall" erledigt. Nicht so für die Tschechen, die in Empörung und Zorn über die
Hinrichtung des Johannes Hus gegen die katholische Hierarchie und in nationaler
Reaktion gegen das deutsche Übergewicht in Böhmen haßerfüllt und verheerend
losschlugen. In Johannes Hus hatten die Tschechen nun ein Symbol ihres Kampfes
um eine religiöse, soziale und vor allem nationale Neuordnung. Er wurde zur
Gegenfigur gegen den Märtyrer Johannes von Nepomuk. Böhmen blieb weiterhin
ein Unruheherd.

Es waren die Jesuiten, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts das historische
Material zu sammeln anfingen. Balbinus S. J. veröffentlichte alles, was sich aus
drei Jahrhunderten an Nachrichten und Legenden über Nepomuk finden ließ als
Beitrag der „Acta Sanctorum" (Akten der Heiligen, eine vielbändige Sammlung).
Dieser Jesuit prägte das Nepomuk-Bild bis ins 20. Jahrhundert. Die eifrigen Vorarbeiten
der Jesuiten ergaben viele Unterlagen. Die Heiligsprechung des Prager
Geistlichen schien wirklich nur durch die Hussitenkriege verzögert worden zu sein.
1721 wurde die „seit unvordenklichen Zeiten" erwiesene Verehrung Nepomuks
durch Papst Innozenz XIII. bestätigt; das war praktisch die Seligsprechung
Nepomuks. Nach der Kanonisierung 1729 gelangte seine Verehrung rasch in alle
katholischen Länder. Schon 1693 war auf der Prager Karlsbrücke eine Nepomuk-
Statue aufgestellt worden. Sie wurde Vorbild für Hunderte anderer, auch in
unserer südbadischen Heimat. Vor allem zwei bedeutendere Gedenkstätten sind
zu seiner Ehre entstanden, in Ettlingen und in Meßkirch. 1731 erhielt Fürst
Frobeni Ferdinand von Fürstenberg-Meßkirch bei seinem Besuch in Prag „eine
sehr rare und authentische Relique aus denen kleineren Gebeinen des grossen
Heyligen Joannis Nepomuceni"2). Aber die würdige Unterbringung derselben
war Voraussetzung für die Überlassung. Ein Jahr zuvor hatte der Konstanzer

2) Vgl. ZGO, NF XXXVI, S. 4 ff.: Joseph Sauer, Die Johann-Nepomuk-Kapelle der Stadtkirche zu
Meßkirch.

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