Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
48. Jahresband.1968
Seite: 272
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1968/0274
Der Verlobungsring

Schon die Römer, dann auch die Deutschen, waren der Meinung, vom vierten
Finger der rechten Hand gehe ein feiner Nerv (oder eine Ader) unmittelbar zum
Herzen. Von der Kirche wurde der Ringwechsel erst im 13. Jahrhundert als
Zeichen gegenseitigen Treugelöbnisses eingeführt. In manchen Gegenden wurde die
Braut „gebunden".

Die Verlobung wurde schlicht begangen durch ein gemeinsames Mahl der Brautleute
und der beiden Elternpaare. In früheren Zeiten wurden auch, sofern der Hof
der Braut ein Erblehen war, die Geschwister des Brautpaares beigezogen. Im
Schwarzwald erbte immer der jüngste Sohn den ganzen Hof, in der Rheinebene
waren die Bauerngüter öfters Eigentum des Landesherrn und als Erblehen vergabt.
Im Gegensatz zum Erbrecht des Schwarzwalds durfte der Lehnsträger den Erben
selbst bestimmen, doch mußte dieser die „weichenden" Geschwister „auskaufen",
d. h. auszahlen, soweit es sich um zum Lehen gehörende Grundstücke handelte.
Zugekaufte Grundstücke unterlagen der freien Erbteilung. Um dem Hoferben die
Übernahme des Hofs zu erleichtern, wurde dieser vom fürstlichen Vogt entsprechend
nieder eingeschätzt.

Die Verlobten

Die Brautpaare hüteten sich, im Beisein anderer — auch von Gespielen — vor
dem allergeringsten Zeichen von Vertrautheit oder gar Zärtlichkeit. Auch wenn
eines der Verlobten in Abwesenheit des Partners von diesem sprach, wurde das
Wort „Liebe" geradezu ängstlich vermieden, ebenso das Wort „Braut" oder
„Bräutigam": Der Bräutigam sagte „die Meine", die Braut sagte „der Meine".
Auch nach der Eheschließung wurden die Wörter „Mann", „Frau" vermieden;
dafür hieß es „er" und „sie".

Ich werte diese Scheu als von den Altvordern überkommene herzenstiefe Bewahrung
der seelischen Zusammengehörigkeit vor der Öffentlichkeit.

Die Einladungen zur Hochzeit

In Ottenhofen luden mehrere Tage vor der Hochzeit mit Sträußen und Bändern
geschmückte Burschen, von Haus zu Haus gehend, jung und alt zum Feste ein.
Oben im Dorf anfangend, kündeten sie ihr Kommen durch Pistolenschüsse an. Die
Entstehung des Hochzeitsschießens leitet sich von der Furcht unserer heidnischen
Vorfahren her: böse Geister (Dämonen) versuchten, die Brautpaare auf dem Weg
zur Verehelichung und noch auf dem Rückweg zum Hochzeitsmahl zu schädigen.
Zu diesem Weg gehörten in Ottenhofen auch die Einladungen. Die Freunde des
Hochzeitspaars verscheuchten in der Vorzeit die Dämonen durch Speerwürfe oder
vom Bogen geschossene Pfeile. Der Brauch wurde weiter geübt auch nach der
Erfindung des Schießpulvers; die Abwehr der Dämonen erfolgte jetzt durch den
Knall der Schüsse noch viel wirksamer als die lautlosen Speere und Pfeile. Sie verwandelten
sich nach Uberwindung der Dämonenfurcht in Ehrenschüsse. In neuerer

272


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1968/0274