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Zeit wurden sie auch auf die Kindstaufen ausgedehnt. Behördliche Verbote und
Kriegsnotzeiten brachten den an sich schönen Brauch vor der Jahrhundertwende
zum Erliegen.
Der erste Lader eröffnete die Einladung: „Am Mäntig (Montag) sin' 'r
höflig i'glade zue d'r Hochzi', z'erscht zue d'r Morgesupp in d'r Hochziteri ihrem
Vatterhus, von do in d' Kirch un' no ins ,Kriz' (Wirtshaus zum Kreuz), wo m'r
Euch ufwarte wurd' noch Euerm Beliebe." Der zweite Lader: „Aber komme au
un' vergesse is (uns) net, m'r wolle I' (Euch) au diene, sei's in Fraud oder in Leid.
Aber besser in Fraud als im Leid."
In Wagshurst wurden die Einladungen vom Brautpaar besorgt. Der Bräutigam
mußte dabei mit vorgebundener weißer Schürze gehen. Jede Einladung wurde
vier- bis fünfmal wiederholt, damit sie doch ja angenommen werde. Denn je mehr
Gäste teilnahmen, desto reichlicheres Glück, desto höherer Segen wurde dem Paar
angewunschen.
In Seebach wurden die Einladungen einem Freund des Bräutigams übertragen.
Der Lader steckte sich ein Rosmarinsträußlein an die Brust, sein Hut war reich
bebändert. (Siehe auch Max Geißler: Das Moordorf.)
Vorfeier der Hochzeit
Die näheren Freunde des Bräutigams in Neusatzeck schössen der Braut durch
die halbe Nacht vor dem Hochzeitstag die Ehe an, den Bräutigam hatten sie durch
eine Salve aus seinem Haus geholt. Ein reichlicher Trunk in dessen Heim lohnte
die ihm und der Braut angetane Ehre. In anderen Orten fand dieser Trunk im
Wirtshaus statt, auf der Eck war kein solches. Im Unterdorf von Neusatz kannte
man diese Vorfeier nicht.
Der Hochzeitstag
Die Hochzeiten wurden in der Rheinebene in der Regel im Wirtshaus abgehalten
. Die amtliche Hochzeitsordnung von 1609 gebietet den Wirten bei Strafe von
10 Schillingen, „die Hochzeitsgäste beschwerlich zu tractiren" und ermahnt sie,
„mit Rechnung der Zech ein' Bescheidenheit zu gebrauchen". Mit dem gleichen
Bußgeld werden auch Hochzeitsgäste, sonderlich „die Weibsleut", belegt, „die während
der Mahlzeiten den Wirthen nit allein das Brod, sondern auch was in den
Platten übriggeblieben, in den Sack (Tasche) stecken, schieben und heimtragen
oder durch Kinder heimtragen lassen."
Die Morgensuppe
Das Frühmahl bestand in früherer Zeit in einem Hirsebrei, der an manchen
Orten vom Brautpaar gemeinsam aus einem Teller gegessen wurde. Die Braut
trug dabei bereits den Schäpel, daher die Bezeichnung „Schäpelhirse". Ursprünglich
wurde die Schäpelhirse zum Abendessen vor dem Hochzeitstag aufgetragen. Im
Anschluß daran wurden die Kränzlein für die Brautjungfern gewunden. Später-
18 Die Ortenau
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