http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1968/0313
modernen Fabrikationsstätten landauf, landab, in den Haushaltungen [„Prestige" gilt,
„kleinkariert" wird abgewehrt].
Hinweisen möchte Ref. auf die wertvollen Mundartproben — auch in dem Unterricht
der Volksschule hat sich die Tonbandaufnahme gesicherten Platz errungen: sie kann im
heimatkundlichen Unterricht der Mundarterhaltung dienen, der volkskundlichen Betrachtung
helfen, ohne der „Industrie" zu verfallen; im gleichen Betracht werden die Kartenbeilagen
1—19 für Forschung und Schule wertvoll, ich nenne in höchster Auswahl: Boden,
Siedlung, Gemeindearten, Hausform, Erbgang, Tracht; Bevölkerungsdichte, Verkehr und
Fremdenwesen, Märkte; territorialgeschichtliche und kirchliche Verhältnisse.
Wir begrüßen die Untersuchung Baurs über die Mundarten im nördlichen Schwarzwald;
sie ergreift auch mit ihren Grenzen die „Ortenau", und wir hoffen, der Verfasser möge
in ausgreifenden Arbeiten die Tallandschaften in ihren Weiterungen nach Westen zur
Oberrheinebene hin einbeziehen. Der Ausgleich zwischen Berg und Ebene, zwischen dörflichen
und dorfähnlichen Siedlungen und städtischen Niederlassungen, zwischen Landwirtschaft
und Industrieformungen wird hier ungleich rascher vor sich gehen — er wird gewaltsamer
sein in all seiner Umgestaltung.
Der Historische Verein für Mittelbaden, die „Ortenau", begrüßt Gerhard W. Baur herzlich
zum Beginn seiner Tätigkeit als Bearbeiter unseres Badischen Wörterbuches. Die
Begründer jener berühmten volkskundlichen Umfrage des Jahres 1894 im Land Baden
Friedrich Kluge, Elard Hugo Meyer und Friedrich Pfaff, sind heimgegangen. Friedrich
Kluge hat zweiunddreißig Jahre lang dem Wörterbuch im tiefsten Sinn des Wortes Kraft
und Wissen auf den Weg gegeben. Eine zweite Generation übernahm das Erbe und hat
es zum Druck gefördert: Ernst Ochs (1914—1961); Alfred Goetze, Ludwig Sütterlin;
Friedrich Maurer; Karl Friedrich Müller. Nun überkommt die dritte Generation die
Aufgabe, den heimatlichen Wortschatz aufbereitet vorzulegen. Dazu Gerhard W. Baur
unseren Glückwunsch! Dr. Otto Basler
Schwarzwaldtäler, Schwarzwaldleute. Bleibendes aus dem Lebenswerk von August
Ganther, hrsg. von Max Weber. Stuttgart: Bonz. o. J. (1967), 8° (196 S.).
August Ganther (1862 Oberkirch — 1938 Freiburg) — den Älteren unter uns noch
lebendiger Begriff heimatlichen Dichtens und Darstellens des Volkslebens, in unserer
Jugend viel gelesen und durch reiches, von Jahr zu Jahr gesteigertes Schrifttum in gebundener
und ungebundener Sprache, in Mundart und Hochsprache weiten Kreisen als
„Heimatschriftsteller" des mittelbadischen Raumes, vornehmlich des Renchtals und der
Grinde, auch über die engeren literarischen Grenzen hinaus bekannt; durch W. E. Ottering
in der „Ortenau" (1929, 337 f.) und noch einmal in seiner „Geschichte der Literatur in
Baden" (Bd. 3, 1939) als ein Mann bewußter Komik und durch rund 30 Jahre „sprudelnder
Schaffensfreude" freundlich wertend begrüßt: dieser August Ganther ist im Wandel der
Zeit und der Menschen, auch bei einem ganz anders gearteten jüngeren literarischen
Publikum, stark zurückgetreten und zuletzt wohl nur noch ein gern gelesener Unterhalter
der Feriengäste in den Renchtalbädern gewesen1).
Max Weber hat nun „Bleibendes aus dem Lebenswerk August Ganthers" mit Fleiß, mit
sorgsam wählender Hand und, aufs ganze gesehen, in glücklicher Auswahl eingeleitet mit
beigefügtem Bericht über das Werk Ganthers (20 Seiten). Mit Geschick hat sich Weber
beschränkt auf Proben aus Mundart, Erzählungen und Romanen und endlich den kleineren
dramatischen Versuchen und alles durch verbindenden Text auch dem Verständnis
der Heutigen nahezubringen versucht. Das Entscheidende dieser Auswahl-Ausgabe liegt
aber nicht nur im Gegenwärtigen, in einer reinen „Auswahl", sondern, daß uns die Hand
1) Deshalb auch nicht in der „Ortenau" 1960, Seite 444, aufgeführt.
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