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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 43
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0045
Heingassen

von Ernst Schneider

/. Grimm führt im „Deutschen Wörterbuch" (4. Bd., 1. Abt., 1. Hälfte, 1878, Sp. 1444)
aus, daß die alemannische Heingasse eine Gasse ohne Häuser ist, die als Viehweg dient
und zieht aus den „Weistümern" folgende Stelle an: „item die heingassen, da daz vibe
usz und in gat, die sol man bejriden über jar. wer daz nit duot, der bessert 2 Schilling
denare der burschaft". Diese Stelle unterstreicht die Verwendung der Heingasse als Viehtriebwegs
, eines auf die Gemeinweide führenden, zum Schutze des angrenzenden Ackerlandes
eingezäunten Weges. Diese Verwendung geht auch aus unseren Belegen hervor:
vjf den Heyninger da man das vich trennckt 1533 (Neusatz-Waldsteg), vf die vich- oder
heinigs gaß 1675 (Varnhalt).

Unsere Mundartwörterbücher geben über die Bedeutung und das Vorkommen des
Namens Heingasse keinen genauen Aufschluß. H. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch 3,
Sp. 1383, beschränkt sich auf die Feststellung, daß mit Hein beginnende Ortsnamen z. T.
zu heim, z.T. zu Heinerich oder anderen Personennamen gehören; unter dem Stichwort
Heinweg verweist H. Fischer (ebd., Sp. 1386) lediglich auf Heiweg. Zur Erklärung des
bestimmenden Glieds unseres Namens sind die Ausführungen von E. Ochs, Badisches Wörterbuch
2, S. 530, unter Hagenich beachtenswert. Dieser häufige Waldname ist gebildet
mit ahd. hagan, mhd. hagen „Dornbusch, einfriedigendes Gebüsch, Zaun" und dem Kollek-
tivsuffix ahd. -ahi, das eine vielfältige Entwicklung aufweist (vgl. A. Bach, Deutsche
Namenkunde, Bd. 2, § 193—195; Deutsches Rechtswörterbuch V, Sp. 808; Buck, Oberdeutsches
Flurnamenbuch, 2. Aufl., S. 104). Hägenich, ahd. haganahi, mhd. hegeneche,
heinich hat nach den Angaben im „Bad. Wörterbuch" in der Bühler Gegend die Bedeutung
„Gemeindegut, Allmende". Belege sind Heini aus Kappelwindeck, Neusatz, sowie Hainidail
„Allmende-Anteil" aus Neusatz. Das Stichwort Heingasse ist im „Bad. Wörterbuch" nicht
aufgenommen, wohl aber Hagengasse, die Ochs als „Zaungasse, Weg zwischen Zäunen"
erläutert. Die anfangs genannten Ausführungen über Heingasse im „Deutschen Wörterbuch
" hält Ochs für fragwürdig. Aber diese Fragwürdigkeit kann durch unsere Namenbeispiele
aus Gemarkungen des Landkreises Bühl entkräftet werden.

Die im wesentlichen aus dem 15.—17. Jahrhundert stammenden Belege zu Heingasse
zeigen überwiegend Gasse als bestimmtes Glied. Heinweg kommt ganz vereinzelt vor. Das
bestimmende Glied erscheint als Hein-; daneben finden sich auch Heim-Formen, die volksdeutend
für nicht mehr verstandenes Hein- stehen und an Heim-Bildungen angeglichen
sind. Den Zusammenhang mit mhd. hegeneche, heinich machen Belege deutlich wie he'mi
gaß (1494, Ulm), Heyninger gaß (1533, Neusatz-Waldsteg), vff die vich- oder heinigs gaß
(1675, Varnhalt). Dieses Varnhalter Beispiel stellt, wie bereits bemerkt, die Verwendung
der Heingasse als Viehweg heraus. Heingasse ist der zwischen Einfriedigungen aus Dorngebüsch
u. ä. führende Weg, der vornehmlich als Viehtriebweg gedient hat. Diese in gemeinsamer
Nutzung durch die Dorfbewohner stehende Gasse ist nach der ursprünglichen
Art der Einfriedigung benannt.

(Zum Vorkommen von ahd. hagan in der Namengebung vgl. E. Förstemann, Altdeutsches
Namenbuch, Nachdruck 1967, 2. Bd., Sp. 1154 ff. — Zur Bedeutung des Zauns im dörflichen
Rechtsleben vgl. B. Boesch, Der Zaun im Flurnamenbild einer Gemeinde. Ein Beitrag

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