Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 49
(PDF, 74 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0051
Das letzte Kapitel der Zunftordnung von 1686 behandelt das Verhältnis Lehrling
— Meister. Es war tüchtigen Jungen erlaubt, das Handwerk zu erlernen, falls
sie ehelich geboren waren. Sie hatten eine Probezeit, nach der sie beim Zunftmeister
und dem „Zugebenen" angemeldet werden mußten. Der Lehrvertrag wurde
in das Zunftbuch mit dem Hinweis eingetragen, „der Meister möge den Jungen
drei Jahre treulich weisen und lehren, der Junge aber soll in der Lehrzeit fleißig,
gehorsam und redlich bei seinem Meister verharren". Nun begann die vertraglich
abgemachte Lehre. Wenn ein Lehrmeister während der festgelegten Lehrzeit eines
Jungen verstarb, so mußte die Witwe des Verstorbenen den Restlohn ausbezahlen.
Der Zunftmeister mußte für die Fortsetzung der Lehre bei einem anderen Meister
sorgen. Hatte der Lehrling ausgelernt, so wurde er feierlich vor versammelter
Zunft „ledig gesprochen". Die Zunftordnung endete mit der Verpflichtung, verstorbene
Meister — notfalls unentgeltlich — durch Zünftige zu Grabe zu tragen.

Nach Vorlesung der Artikel gelobten alle Zünftigen, die Ordnung gewissenhaft
zu befolgen und kamen so wieder in den Genuß der Freiheiten, die einem gewöhnlichen
Untertanen jener Zeit nicht gewährt waren. Aber nicht lange blieben
diese Rechte und Freiheiten der Handwerker unbeschnitten. Schon im Jahre 1721
verfügte die Regierung Zusatzbestimmungen zur Zunftordnung. Als am 16. August
1731 Seine Kaiserliche Majestät Karl VI. eine große Verfügung erließ, wurde
daraus klar, daß die Rechte und Freiheiten der Handwerker ins Wanken geraten
waren. Als Vorwand für die Verordnungen diente der Hinweis auf Unsitten, wie
häufige Trinkgelage und Streitigkeiten, die angeblich von der Regierung schon
länger mit Unwillen beobachtet wurden. In Wirklichkeit befaßte sich diese Reichsverordnung
jedoch mit Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, Straffung der
handwerklichen Beurkundungen, größerer Mitsprache der Obrigkeiten in Zunftsachen
und schärferer Überwachung der handwerklichen Lehrordnung. Bei der
Lehrordnung wird unter anderem darauf hingewiesen, daß schon 1548 und 1577
hierüber Verfügungen ergangen sind. Daraus war auch zu entnehmen, daß Kinder
der Land-Gerichts- und Stadtknechte wie auch der Gerichts-, Fron-, Turm-, Holz-
und Feldhüter, Totengräber, Nachtwächter, Bettelvögte, Gassenkehrer, Bachstecher
, Schäfer und dergleichen zur Lehre zugelassen werden müssen. Zur Lehre
nicht zugelassen waren die Kinder der Schinder. Erst die nächste Generation dieses
unehrbaren Berufes konnte, wenn 30 Jahre seit der Ausübung des Berufes durch
ihren Vorfahren verflossen waren, eine Handwerkslehre antreten. Am 4. August
1764 folgte dann eine weitere Verordnung, und am 22. Mai 1769 läßt Markgraf
August Georg von Baden mit Einführung der neuen „Allgemeinen-Zunftordnung"
die alte außer Kraft setzen. Damit war das mittelalterliche Zunftwesen in den
badisch-markgräflichen Landen endgültig abgeschafft. Die neue Ära, die bereits
1721 mit einer Reihe von Verordnungen und kaiserlichen Edikten ihren Anfang
genommen hatte, mündete in einer Zunftordnung, die eher einem Strafgesetzbuch
für Handwerker gleicht. Von nun an waren alle Zünfte gleichgeschaltet; lediglich
die Prüfungsbedingungen für die verschiedenen Handwerker wurden je als Anhang
beigefügt.

4 Die Ortcnau

49


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0051