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32. Aus Lehensmeiern wurden Hofbauern
Zu den großen Veränderungen, die während der napoleonischen Zeit in unseren
Raum vor sich gingen, gehörte die Aufhebung der vielen weltlichen und geistlichen
Kleinherrschaften (Mediation, Säkularisation), ein Vorgang, der einer Neuordnung
des gesamten Gebietes gleichkam.
Im Jahre 1803 wurde im Zuge der Säkularisation auch das Kloster Schuttern
aufgehoben. Ein gewaltiger Grundbesitz kam damit in Bewegung. Die Klostergüter
waren dem badischen Staat zugefallen, und die großherzogliche Verwaltung
war damit beauftragt, diese Güter möglichst gewinnbringend neuen Eigentümern
zuzuführen. Der Traum der bäuerischen Aufrührer von 1525 ging sozusagen jetzt,
nach nahezu 400 Jahren, in Erfüllung. Die Lehensträger konnten nun den Grund
und Boden, auf dem ihre Vorfahren gesessen und in mühsamer Arbeit ihre Abgaben
herausgewirtschaftet hatten, zu Eigentum erwerben.
Die Hofgüter wurden amtlich abgeschätzt. Sie waren von unterschiedlicher
Größe, und danach richtete sich zunächst ihr Preis. Aber auch die Qualität
der Böden war zu berücksichtigen. Die größeren Güter lagen schließlich ihrem
Schätzwert nach bei 7000 bis 8000 Gulden. Eine solche Summe konnte ein einzelner
Mann nicht ohne weiteres auf den Tisch legen. Der Staat kam den bisherigen
Lehensträgern in jeder Weise entgegen und gestattete Teilzahlungen über acht bis
zehn Jahre hin. So kam es, daß die meisten von ihnen Zugriffen und die Gelegenheit
benutzten, sich eigenen Grund und Boden zu erwerben, und aus Lehensmeiern
waren somit Hofgutbesitzer geworden. So kam es auch, daß wir bei einigen von
ihnen jenen Familiennamen begegnen, die sich bereits auf der Zehntmeierliste vom
Jahre 1725 finden (vgl. 1. Teil, Kap. 22): den Zipf, Röderer, Füner, Kilius,
Günter, Erb.
33. Wie der Friesenheimer Hochwald geteilt wurde (1807)
Die Friesenheimer sind stolz auf ihren Wald und wissen ihn zu schätzen. Ein
Waldspaziergang am Sonntag ist eine besondere Sache. Eine echte Hochwaldstimmung
empfängt dort den Wanderer. Er schreitet über stille Waldwege unter mächtigen
Bäumen hin, er geht wohl auch ein Stück über den weichen Waldboden,
klettert einen Hang hinauf und atmet tief die gesunde Waldluft ein. Müde, aber
zufrieden und erholt wandert der Sonntagsspaziergänger heimwärts und vergißt
wohl auch nicht, in einem der Gasthäuser von Oberweier einzukehren, einem Ort,
den er auf dem Rückweg nach Friesenheim durchqueren muß.
Am Werktag bleibt der Wald den Holzfällern und einigen Waldarbeitern überlassen
, die dort ihrer Beschäftigung nachgehen. Für ein paar Wochen im Jahr aoer
kommt erhöhtes Leben und Treiben in den Wald, dann nämlich, wenn die Bauern
das Gab- oder Bürgerholz holen, nachdem man zuvor festgestellt hat, wo die
zugewiesenen, mit eingebrannten Nummern versehenen Stere sitzen. Auch in der
Beerenzeit, wenn die Beerensucher auf Ausschau nach ergiebigen Ständen das
Gebiet durchstreifen, wird es lebendig im Wald, und schließlich darf man den Tag
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