Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 60
(PDF, 74 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0062
Als dann aber die Siegesnachrichten einander folgten, kam der große Stimmungsumschwung
. Mit Glockengeläut und festlichem Gepränge feierte man den
Sieg und das wiedererstandene Reich. Zur gefühlsmäßigen Unterbauung des nationalen
Denkens gab es Gedenktage, Schulfeiern und für die Kleinen eine Verteilung
von Wecken und Brezeln an Kaisers Geburtstag. In überschwenglichen Worten
feierten die Menschen unseres Landes damals ihre Zeit, in der Überzeugung,
daß jetzt das goldene Zeitalter für die Deutschen angebrochen sei.

Für Baden und damit auch für unsere engere Heimat folgten in der Tat eine
Reihe glücklicher Jahre. Unter Großherzog Friedrich L, dessen menschenfreundliche
, weltoffene Art allgemein gerühmt wurde, kamen Regierung und Volk einander
näher, und die alten Gegensätze traten zurück. Eine Reihe festlicher Ereignisse
im großherzoglichen Haus, an denen das ganze Volk Anteil nahm, förderten
diese Entwicklung, so der 70. Geburtstag des Fürsten am 9. September 1896 und
das fünfzigjährige Regierungsjubiläum am 24. April 1902. Dieses Fest war mit
einer Gartenbauausstellung und einem Trachtenzug verbunden und brachte viel
Landvolk, auch aus unserer engeren Heimat, nach Karlsruhe. Die Stadt rückte so
stärker ins Blickfeld unserer Einwohner, zumal auch ein Teil der jungen Leute ihre
Militärzeit in Karlsruhe ableistete.

Auch die Gemahlin Friedrichs L, die Großherzogin Luise, verstand es, die Zuneigung
der Untertanen zu gewinnen. Sie widmete sich vor allem der Erziehung
und Bildung der weiblichen Jugend, wurde Mitbegründerin der Frauenvereine und
rief eine Reihe mildtätiger Stiftungen ins Leben, die ihren Namen auch auf den
Landorten bekannt machten.

38. Kulturgeschichtliches um die Jahrhundertwende

Seit alter Zeit befriedigte der Ort seinen Bedarf an allerlei Hausrat und Gerät
aus den Erzeugnissen des ortsansässigen Handwerks. Dieser Zustand reichte bis an
die Wende des 19. Jahrhunderts. Es gab am Ort den Wagner (Krummholz),
Schmied, Blechner, Drechsler, Kübler, Besenmacher, mehrere Schneider, Schreiner,
Maurer. Das Weberhandwerk war in dieser Zeit am Aussterben. Aber noch vor
kurzem hatte man in den Weberwerkstätten das nötige Tuch hergestellt, vor allem
für das Bettzeug und insbesondere die Leintücher, Ziechen genannt. Auch das
Leinentuch, das, blau gefärbt, zum Bauernkittel, dem Blus, verarbeitet wurde,
lieferte der heimische Weber. Er stellte auch aus den Faserabfällen, dem Kuder,
feinere und gröbere Seilerwaren für allerlei Zwecke her.

Gegen Ende des Jahrhunderts hielt die Technik ihren Einzug in den Ort. Sie
tat es auffällig und eindrucksvoll mit der Einführung der Wasserleitung (1888).
Die alten Ziehbrunnen wurden jetzt überflüssig, sie standen nutzlos und vergessen
auf der Seite. Die meisten von ihnen verschwanden im Laufe der Zeit, einige
wenige sind erhalten geblieben, so der schöne Ziehbrunnen in der Friedensstraße,
und erinnern noch an den vergangenen Zustand.

Um die Jahrhundertwende tauchte auch die erste Fabrik im Ort auf, eine
Zigarrenfabrik, als Filialbetrieb der Firma Birmann, Bremen. Die Arbeit dort

60


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0062