http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0081
Die Frage ist nun, wo sind die Bewohner hingezogen, denn sie wollten doch
ihre Felder nicht aufgeben? Versuchen wir da mal eine vorsichtige Klärung.
Auf die Spur hilft es uns, daß ein grundherrschaftlicher Verwaltungs-(Ding-)hof
wie der gengenbachische in Ruogerswiler nicht einfach spurlos verschwinden kann.
Er taucht nämlich plötzlich in Friesenheim auf. Wir finden ihn erstmals 1530 ausdrücklich
genannt. Dies kann nur der Rechtsnachfolger des Dinghofes Ruogerswiler
sein4). Im Laufe der Zeit wurde er aufgelöst in ein größeres Pacht- und zwei
Erblehen. Um 1800 heißen sie: das Josef Schmidsche Bestands-(= Pacht-)lehen,
das kleine und das große Gültgut, das sog. Hugelmannsche Erblehen5).
Aber wo im heutigen Friesenheimer Bann haben wir den ehemals ruogerswileri-
schen Dinghofverband zu suchen? Es ist bodenkundlich gar nicht anders möglich
als am Ostende der Gemarkung auf der Südseite (Winterseite) des Baches um den
Anfang der Heiligenzeller Straße. Dort befindet sich ein auffallendes, sternförmiges
Straßennetz. Dies verrät uns gerne solch alte Dorfsiedlungen. Dort irgendwo ist
also der gengenbachische Dinghof wieder aufgebaut worden, um den sich dann die
abhängigen Bauernhöfe gruppierten. Irgendwann einmal ist er dann völlig mit
dem Friesenheimer Bann verschmolzen und in deren Markgenossenschaft einbezogen
worden. Es ist nun kein Zufall, daß der Neuaufbau sich gerade an dieser
Stelle vollzog. Denn zwischen diesem neuen Siedlungskern und dem alten Friesenheimer
Ortskern bei der Lahrgasse erstreckte sich noch ein anderer alter gengen-
bachischer Ortsteil. Beide Gengenbacher Ortsteile waren also jetzt räumlich aneinandergerückt
. Der ältere war ebenfalls eine zusammenhängende Feldermark, deren
Teile einzeln an die Bewirtschaftet ausgeliehen wurden. Schon 1287 sind sie erwähnt6
).
Verwaltungstechnisch wurden sie im Jahr 1684 zu einem sogenannten Ambachtlehen
zusammengefaßt, dessen erster Lehensträger der baden-badische Amtmann
dieser Landschaft auf Schloß Mahlberg, Franz Ernst Olisy, wurde als Belohnung
für die Dienste, die er der gengenbachischen Abtei geleistet hatte, aber ebenso auch,
damit sich das Kloster stets bei ihm sachverständigen Rat und Hilfe holen
konnte7).
Im Jahre 1803 sind dann die abteilich gengenbachischen Höfe und Besitzungen
an den badischen Staat übergegangen, der sie 1818 versteigern ließ.
Aus den heutigen Friesenheimer Gemarkungsgrenzen ist der genaue Umfang des
ehemals Ruogerswiler Bannes nicht mehr feststellbar, denn auch Heiligenzell gehörte
bis 1903 zur Friesenheimer Gemarkung. Bei der damaligen Trennung wurde
nach neuen Notwendigkeiten die Grenze zwischen Friesenheim und Heiligenzell
gezogen. Einen Hinweis auf die Lage des uranfänglichen ruogerswilerischen Dinghofes
mag uns der alte Flurname „Vochburg" (= Fuchsburg) geben. Denn die
Dinghöfe waren Steinbauten, die den abhängigen Bauern des Verbandes bei
drohender Gefahr Schutz und Sicherheit für sich, ihr Vieh und ihre bewegliche
Habe gewähren mußten und daher gerne als Burg bezeichnet wurden.
4) Ebenda. 5) Die Ortenau 1955, 85 f.
6) Urk. v. Nov. 1287, GK. 7) Die Ortenau 1962, 88.
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