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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 90
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der Juden zum Handwerk. Dem Landesedikt vom Jahre 1808 entspricht das
Offenburger Ratsprotokoll vom 9. August 1809: „Der Auf dingung und Ledig-
sprechung der jüdischen Lehrjungen soll keine Schwierigkeit mehr in den Weg
gelegt werden." Und 1817 forderte das großherzogliche Stadtamt Offenburg, daß
die Handwerker sich nicht sträuben sollen, jüdische „Professionisten" aufzunehmen.
Diese mildernden Beschlüsse hatten die Juden hoffnungsfroh gestimmt und die
jüdische Jugend beim Ausbruch der Befreiungskriege 1813 sogar mit vaterländischer
Begeisterung erfüllt. Aus Offenburg wurde berichtet: „Die so bedeutende Konskription
des Jahres 1813 und die Landwehrorganisation haben auch manchen
Judensohn ergriffen."

Aber immer wieder regten sich reaktionäre Kräfte. Das Gastwirtsgewerbe blieb
den Juden verschlossen. Als der Handelsmann Ramloch darum bat, „der anher
kommenden Judenschaft einen nach ihrer Religion trinkbaren Wein ausschenken
zu dürfen" und sich erbot, dafür eine Abgabe zu entrichten, beschloß der Rat,
zuerst die Schildwirte zu hören. Und das Gesuch des Samuel Levi Löwenstein aus
Altdorf zur Gründung einer Wirtschaft in Offenburg wurde abgewiesen. Auch das
jüdische Handelsgewerbe wurde immer wieder eingeschränkt. 1821 wurde den
Juden der sogenannte Nothandel, d. h. Hausier-, Trödel- und Leihhandel, untersagt
. Fremden Juden wurde der Viehhandel noch 1824 nur an Markttagen erlaubt.
Auswüchse ahndete der Rat nach wie vor. Der Bürgersohn Josef Brischle wurde
1821 wegen Mißhandlung eines Juden auf offener Straße mit 24stündigem Arrest
bzw. zehn Stockschlägen „ad posteriora" bestraft. Aber man wollte den Juden
immer noch niedergehalten wissen. Im Gegensatz zu Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe
und Pforzheim, wo schon längst Judengemeinden bestanden, verweigerte die
Stadt Offenburg neben Baden-Baden, Freiburg und Konstanz den Israeliten noch
im Jahre 1859 den Wohnsitz.

Die neue Judengemeinde 1862 bis 1933

Die Berufung des liberalen Ministeriums Stabel-Lamey und die Osterproklama-
tion des Großherzogs Friedrich I. vom 7. April 1860, in der er „Sicherung
möglichst freier Entwicklung, Selbständigkeit auf kirchlichem Gebiet und die Anwendung
der gleichen Grundsätze auf anderen Gebieten des Staatslebens" ankündigte
, bedeutete für Baden den Beginn einer neuen Ära. Am 20. Januar 1862
wurde der Zweiten Kammer des Badischen Landtags der Gesetzentwurf über die
bürgerliche Gleichstellung der Israeliten vorgelegt. Am 4. Oktober desselben Jahres
wurde das Gesetz verkündet. Es gab den bisherigen israelitischen Schutzbürgern
das Gemeindebürgerrecht, ihren unselbständigen Kindern das angeborene Bürgerrecht
und ließ nach einer Ubergangszeit von fünf Jahren die Israeliten zum
Bürgergenuß zu. Die mit Höheren Schulen ausgestatteten Städte, die auch mannigfaltigere
Erwerbsmöglichkeiten boten, übten nun auf die in ärmlichen Verhältnissen
lebenden Juden der benachbarten Gemeinden eine große Anziehungskraft
aus.

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