Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 91
(PDF, 74 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0093
Schon bevor das Gesetz im Verkündigungsblatt des Ortenauer Boten zu lesen war,
bat der israelitische Schutzbürger Maier Stein aus Diersburg unter Vorlage eines Leumundsund
Vermögenszeugnisses für sich und seine Familie um das Bürgerrecht der Stadt Offenburg
. Der Ratsbeschluß vom 24. Oktober lautet: „Dem Bittsteller zu willfahren und
Nachricht an denselben unter Zufertigung einer Bürgeraufnahmsurkunde." Diesem ersten
jüdischen Bürger folgte 1863 Wilhelm Bodenheimer, Diersburg, 1864 die Brüder Leopold,
Marx und Salomon Stein, ebenfalls aus Diersburg, 1865 Isaak Offenheimer, Schmieheim,
Sigmund Bloch aus Diersburg und Löb Günzburger aus Rust, 1866 Moses Kahn und Max
Bloch, Diersburg, 1867 Elias Weil, Breisach, 1868 Jonas Kahn, Diersburg, 1869 Isidor und
Eduard Günzburger aus Rust, Karl Haberer und Simon Kormann, Friesenheim, 1870
Jakob Bloch, Diersburg. Bis 1893 erwarben 50 Juden das Offenburger Bürgerrecht. Die
Gebühr für die bürgerliche Aufnahme betrug für Verheiratete 250, für Ledige 200 Gulden.
Die ersten Bürger hatten sich ausnahmslos dem kaufmännischen Beruf zugewandt. Maier
Stein eröffnete am Fischmarkt neben der Spitalkirche ein Textilgeschäft. Die Brüder
Leopold, Marx und Salomon Stein gründeten eine Hanf- und Roßhaarfabrik. Elias Weil
betrieb in der Ritterstraße ein Kleidermagazin, das er später in die Gerberstraße verlegte,
und Wilhelm Bodenheimer eine Eisenhandlung, die durch ein Spezereigeschäft ergänzt
wurde. Die Brüder Sigmund und Max Bloch verkauften Textilien und erboten sich,
Zahlungen nach den amerikanischen Staaten zu besorgen.

1863 wurden in Offenburg 37 jüdische Personen gezählt. 1868 waren es 150, bei
5000 Einwohnern also 3 % der damaligen Bevölkerung. 1878 lebten in unserer Stadt
74 jüdische Familien. Die berufliche Zusammensetzung war folgende: 45 Kauf- bzw.
Handelsleute, 8 Weinhändler, 6 Viehhändler, 3 Fabrikanten, 3 Metzger, 2 Bäcker, 2 Lederhändler
und 5 Rentner.

Die Zuwanderung so vieler Juden mußte die Bildung einer israelitischen Gemeinde
zur Folge haben. Zunächst schlössen sich die in Offenburg ansässigen
Juden zu einer Genossenschaft zusammen. Diese wählte am 26. Juni 1864 einen
Verwaltungsrat, an dessen Spitze Löb Günzburger, Marx Stein und Wilhelm
Bodenheimer traten. Die vorgesetzte Behörde war der Großherzogliche Oberrat
der Israeliten in Karlsruhe. Die Genossenschaft gab sich eine Satzung, die von
15 Mitgliedern unterschrieben war, und bestimmte, daß jeden Samstag in einem
Betsaal eine Andacht mit anschließender Versammlung stattfand, auf der konfessionelle
Interessen besprochen wurden. Nachdem der Genossenschaft von der
Regierung Korporationsrechte verliehen worden waren, erfolgte am 24. Oktober
1865 in einer Generalversammlung aller in Offenburg wohnenden Israeliten die
Gründung einer Religionsgemeinde. An deren Spitze mußte laut landesherrlicher
Verordnung ein Synagogenrat stehen. Am 18. Mai 1866 wurden Max Stein,
Wilhelm Bodenheimer und Sigmund Bloch zu Synagogenräten gewählt. Alle drei
Jahre war Wiederwahl. Die erste Synagoge wurde 1868/69 in der Essigfabrik
Pfaff, Seestraße, eingerichtet. 1875 wurde sie in den Saal des Gasthauses „Salinen",
Lange Straße 52, verlegt.

Zur Bestreitung der Gemeindebedürfnisse mußten Abgaben erhoben werden.
Eine Schatzungskommission teilte die Gemeindemitglieder in drei Klassen ein:
Höchst-, Mittel- und Niederbesteuerte. Die neu eintretenden Mitglieder entrichteten
1 % ihres Vermögens als Einkaufsgeld. Der Betrag von 200 Gulden sollte
jedoch nicht überschritten werden. Ferner wurden bei Trauungen, Beschneidungen
sowie für Platzmiete im Betlokal Gebühren erhoben.

91


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0093