http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0125
Wie sah nun zu der damaligen Zeit eine Reise mit den Badischen Eisenbahnen
aus? Der Preis einer Fahrkarte von Offenburg nach Mannheim betrug im Jahre
1844:
1. Klasse = 6 Gulden und 33 Kreuzer,
2. Klasse = 4 Gulden und 24 Kreuzer,
3. Klasse = 3 Gulden und 18 Kreuzer,
Stehwagen = 2 Gulden und 12 Kreuzer3).
Für die Fahrt auf der rund 135 km langen Strecke von Offenburg nach Mannheim
benötigte ein Zug 5 Stunden und 8 Minuten (heute werden für die gleiche
Strecke 1 Stunde und 12 Minuten benötigt). Entsprechend den „Allgemeinen Bestimmungen
für den Personentransport und Gepäckverkehr" hatten sich die Reisenden
vor der Abfahrt mit einem Billett zu versehen. Zu den Wartesälen 1. bis 3.
Klasse war eine Stunde vor Abfahrt Zutritt, die Kontrolle versah hier ein besonderer
Portier. 15 Minuten vor jeder Abfahrt wurde zum ersten Mal, und 5 Minuten
vorher zum letzten Mal ein Glockenzeichen gegeben. Beim ersten Zeichen
wurden die Türen von den Wartesälen in die Einsteigehalle geöffnet. Vor dem
Betreten eines Wagens mußten die Fahrkarten den Kondukteuren vorgezeigt werden
. Nach dem letzten Zeichen durfte niemand mehr einsteigen. Die Reisenden
— so schrieb es die Transportordnung vor — hatten sich auf ihren Sitzen ruhig
zu verhalten. Tabakrauchen war nur in den dazu bestimmten Abteilungen gestattet
. Nach Ankunft eines Zuges hatten sich die Reisenden sogleich durch bestimmte
Ausgänge zu entfernen. Bahnhofswirtschaften gab es in den ersten Jahren
nirgends auf den Badischen Bahnen (ein Bedürfnis hierzu wurde lange Zeit von
der Verwaltung verneint), Betrunkene waren nicht zugelassen, ebenso war das
Mitführen leicht entzündlicher Gegenstände oder geladene Gewehre verboten.
Dagegen war den Reisenden gestattet, kleine Gegenstände als „Nachtsäcke, Pakete,
Schachteln" bis zum Gewicht von 10 Pfund frei mitzunehmen. In den Stehwagen
waren sogar bis zu 60 Pfund frei. Für weiteres Reisegepäck war eine Taxe nach
Gepäcktarif zu entrichten, und zwar in „kurrenter Münze". Ein Vergleich all
dieser Bestimmungen mit denen anderer Verwaltungen läßt dennoch eine gewisse
Konzilianz erkennen. Das „Nicht-auf-den-Boden-Spucken" beispielsweise war in
den ersten Bestimmungen nicht zu finden. In den Reisezügen wurden auch Equipagen
auf Güterwagen mitgenommen, im heutigen Sinne also eine Art Huckepackverkehr
. Die „Bestimmungen für den Equipagentransport" teilte diese in drei
Klassen ein: schwere Reisewagen, schwere und leichte Fourgons, leichte Reisewagen
und Reisekaleschen. Sie waren eine halbe Stunde vor Abgang des Wagenzuges in
den Bahnhof zu verbringen. Die mitfahrenden Personen zahlten einheitlich
3.-Klasse-Fahrkarten. Heute heißt dies „Auto im Reisezug". Bemerkenswert war
auch, daß die „Diener der Eisenbahnverwaltung" ihre ordnungsmäßigen Dienstleistungen
für die Reisenden unentgeltlich zu verrichten hatten und weder Ge-
3) Die Geldbeträge wurden in jener Zeit in Baden in Gulden und Kreuzer Rheinischer Währung ausgedrückt
: 1 Gulden (fl.) = 60 Kreuzer (kr.) = 12/21 Preußische Taler = 1,71 Mark. Nach dem Münzgesetz
vom 9. 7. 1873 wurde in ganz Deutschland die Mark eingeführt.
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