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die Art der versandten Güter. An erster Stelle standen die „Offenburger Steinkohlen
" mit 92 611 Zentner6).
Diese Kohle war damals mit 22 Kreuzern noch um ein Drittel billiger als die
mit hohem Frachtsatz belastete Ruhrkohle, die 36 Kreuzer kostete. Ferner wurden
in bemerkenswerten Mengen Holz, Baumwollwaren, Eisen, auffallend viel Holz-,
Flecht-, Drechsler- und Kammacherwaren, ferner Leinen-, Papier-, Töpfer- und
Porzellanwaren, Wein, Zucker und landwirtschaftliche Produkte versandt. Drei
Viertel all dieser Güter gingen in Richtung Norden.
Am 1. April 1865 — für die Offenburger nun endlich — wurde mit dem Bau
der Schwarzwaldbahn begonnen. An der Planung und Ausführung der endgültigen
Linie war der damals Großherzoglich Badische Baurat Robert Gerwig entscheidend
beteiligt. Er wurde später für den Entwurf und den Bau der Gotthardbahn in
die Schweiz berufen. Auch die Stadt Offenburg hat ihn durch Benennung einer
Straße mit seinem Namen geehrt. Für die Einführung der Schwarzwaldbahn
mußten im Bahnhof Offenburg Gleis- und Bahnsteiganlagen erweitert sowie eine
Werkstätte und ein Lokomotivschuppen für neun Lokomotiven neu gebaut werden.
Der Bahneinschnitt war dreigleisig. In die damals kaum besiedelte „Oststadt"
führten zwei Brücken (Zähringerbrücke, Schulhausbrücke) sowie ein schienengleicher
Übergang (verlängerte Zeller Straße). Der schienengleiche Übergang der
Rammersweierer Straße, nördlich des Bahnhofs liegend (etwa heutige Rheinstraße
), wurde aufgehoben. Der Streckenabschnitt Offenburg—Hausach wurde
bereits am 2. Juli 1866 in Betrieb genommen. Es verkehrten im ersten Betriebsjahr
insgesamt sechs Personenzüge und zwei gemischte Züge. Die Fahrzeit Offen-
burg—Hausach betrug genau eine Stunde. Die Lokomotive „Tulla" zog den aus
vier Wagen bestehenden „Schwarzwälder" Zug, der bereits im Eröffnungsjahr für
die Station Offenburg einen Verkehrszuwachs von rund 8000 Personen in beiden
Richtungen und entsprechend je rund eine Million Zentner Fracht brachte.
Fast genau am Jahrestag des 25jährigen Bestehens der Eisenbahn Offenburg—Freiburg
brach der Deutsch-Französische Krieg aus. Durch die geringe Entfernung der Hauptbahn
sowie der Zweigbahn Appenweier—Kehl zur französischen Grenze war der südliche Teil
der Badischen Staatsbahn besonders bedroht. Mit dem ersten Tag der Mobilmachung,
dem 16. Juli 1870, trat der Militärfahrplan in Kraft, und der öffentliche Verkehr auf
der Strecke war auf wenige Züge beschränkt. Hinzu kam, daß die Behörde Weisung gab,
alles nicht benötigte Material wie Lokomotiven und Wagen in weniger gefährdete Landesteile
zu schaffen. Als dann noch der drehbare Teil der Kehler Eisenbahnbrücke über den
Rhein am 16. Juli 1870 ausgeschwenkt und die Brücke selbst am 22. Juli des gleichen
Jahres auf deutscher Seite gesprengt wurde, erlag der Durchgangsverkehr nach Frankreich
völlig. Da auch die Hauptbahn an verschiedenen Stellen aus militärischen Gründen unterbrochen
wurde, um einen etwaigen französischen Vormarsch auf diesen Strecken zu
lähmen, ruhte der Betrieb im mittelbadischen Raum vollkommen, ganz im Gegensatz zu
den nordbadischen Strecken, auf denen sich der Aufmarsch der deutschen Armee vollzog
6) Es handelt sich dabei um die bei Diersburg, Zunsweier und Berghaupten gewonnenen Steinkohlen,
die seit 1755 abgebaut wurden. Die größte Fördermenge wurde zwischen den Jahren 1850—1880 mit rund
10 000 t pro Jahr erreicht. Da die Diersburger Kohle sehr gasarm und daher schwer brennbar war, wurde
sie von der besseren und zudem billigeren Ruhrkohle mehr und mehr verdrängt. Die Folge war, daß die
Förderung, spater noch durch Wasscrandrang und nachlassende Ergiebigkeit erschwert und unrentabel, im
Jahre 1924 endgültig eingestellt wurde.
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