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und der den dortigen Eisenbahnbetriebsapparat in unvorstellbarem Maße belastete. Nur
einige wenige Züge fuhren ab Offenburg in Richtung Freiburg. Zwar versuchten die
Speditionsfirmen Max Wenk aus Offenburg und Barthold & Co. aus Karlsruhe eine
Fuhrgelegenheit auf der Straße zu organisieren; für die nötigen Verkehrsbedürfnisse sowohl
im Reise- als auch im Güterverkehr war dies jedoch völlig unzureichend. Als es
sich dann abzuzeichnen begann, daß ein Einfall französischer Truppen ins Badische nicht
mehr zu befürchten war, wurden die Streckensperrungen wieder aufgehoben. Nach dem
Fall der Festung Straßburg im September 1870 und dem Bau einer Behelfsbrücke über
den Rhein wurde der Eisenbahnverkehr ins Elsaß mit drei Zügen pro Tag ab
3. November 1870 wieder möglich. Der Bahnhof Offenburg war von diesem Zeitpunkt
an durch Sonderzüge, Gefangenentransporte, Rücktransport der eigenen Truppen sowie
durch Abfuhr der angestauten Frachten sehr stark belastet. Kriegsschäden entstanden
jedoch nicht.
Die Zeit nach dem Kriege brachte für den Bahnhof einen erheblichen Mehrverkehr
, nicht nur wegen des regen Güteraustausches mit dem Elsaß, sondern auch
wegen des Ausbaus und der Weiterführung der eigenen badischen Bahnstrecken.
Die Schwarzwaldbahn wurde am 1. November 1871 vollendet, und die Renchtal-
bahn konnte am 1. Juni 1876 auf dem Abschnitt Appenweier—Oppenau eröffnet
werden7).
Die ständige Zunahme des Eisenbahnverkehrs hat zu wiederholten Umbauten
und Erweiterungen der Offenburger Bahnanlagen geführt. Im Jahre 1883 wurde
die bisherige Güterabfertigung erheblich vergrößert, Aufenthalts- und Übernachtungsräume
gebaut, ferner wurden zentrale Weichen- und Signalstellungen auf den
beiden Endstellwerken eingerichtet und die bisherige Pechkranz- bzw. Gasbeleuchtung
durch elektrisches Licht ersetzt. Mit Rücksicht auf den oft geschlossenen
schienengleichen Zellerstraßen-Übergang und wegen der starken Bebauung
der Oststadt wurde in Verlängerung der Luisenstraße der „Luisensteg" über die
Bahn gebaut (1895). Man erkannte aber auch, daß alle Erweiterungen nur Flickwerk
wären und daß es ohne einen großzügigen Bahnhofsumbau nicht mehr
ginge. Nach fünfjähriger Planung war im Jahre 1898 der erste Umbauentwurf für
die Bahnhofsanlagen Offenburg fertiggestellt, dem bis 1905 weitere sechs Entwürfe
folgten, da — wie der damalige 1. Bürgermeister Hermann sagte — „das Projekt
den Herren Sachverständigen gleichsam unter den Händen gewachsen ist". Das
Umbaugebiet erstreckte sich weit nach Norden und umfaßte das Gebiet zwischen
Appenweier und Windschläg einerseits und der südlichen Offenburger Stadtseite
andererseits, und zwar in einer Länge von rund 7,2 km und einer größten Breite
von 0,56 km. Es war vorgesehen, den Personenbahnhof vom Güterbahnhof zu
trennen und weiterhin einen großen Rangierbahnhof zu bauen. In diesem Zusammenhang
war auch eine direkte Verbindung von Offenburg nach Kehl geplant,
die bei Legelshurst in die Hauptbahn Appenweier—Kehl einmünden sollte. Darüber
hinaus war noch eine Nebenbahn von Offenburg nach Kork vorgesehen. Bei
der Beratung des Umbauplanes durch die Stadtverwaltung wurde die Frage der
7) Der Bau der Renchtalbahn erfolgte durch die von den Renchtalgemeinden gegründete „RenchtaU
Eisenbahn AG". Die Betriebsführung übernahm die Badische Eisenbahnverwaltung, in deren Vermögen
sie, die ursprünglich Privatbahn war, 1909 überging. Der Weiterbau der Strecke erfolgte erst nach dem
ersten Weltkrieg. Am 22. Mai 1933 wurde die Strecke bis Griesbach in Betrieb genommen.
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