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für den dortigen schienengleichen Bahnübergang über die Schwarzwaldbahn, dessen
Wärterhaus heute noch steht.
Wie bei fast allen Umbauvorhaben der Eisenbahn mußte auch die Um-und Neugestaltung
der Offenburger Bahnanlagen unter laufendem Betrieb vollzogen werden
, d. h. die neuen Bahnhofsteile mußten betriebsbereit sein, bevor die alten
abgerissen werden konnten. Man begann mit den Arbeiten im Jahre 1906 und
legte als Bauzeit fest: für den Ortsgüterbahnhof von 1906 bis 1908, den Werkstätten
- und Lokomotivbahnhof von 1907 bis 1909, den Personenbahnhof einschließlich
der Verbreiterung der südlichen Einschnitte auf insgesamt sechs Gleise
von 1906 bis 1911 und schließlich den Rangierbahnhof von 1911 bis 1913. Zu den
umfangreichen Werkstätten- und Lokomotivanlagen ist zu bemerken, daß Offenburg
infolge seiner Lage in der Mitte des badischen Eisenbahnnetzes und durch
die betriebstechnische Methode des „Fahrens aus der Mitte heraus" ein wichtiger,
zentraler Dampflokomotivstützpunkt war, daß bis 1903 jeder Zug in Offenburg
Lokomotiv- und Personalwechsel hatte und weit über 100 Dampflokomotiven dort
beheimatet waren. Um den neuen Personenbahnhof erweitern zu können, mußte
zuerst ein provisorischer Bahnhof auf der Ostseite (beim heutigen Finanzamt)
geschaffen werden. Die vorläufigen Bahnhofsanlagen erhielten fünf Reisezuggleise,
deren Bahnsteige über einen Holzsteg zu erreichen waren. Ferner entstand ein
kleiner Behelfsgüterbahnhof mit 15 Gleisen. Dieses Provisorium, vom 6. November
1909 auf die Dauer von zwei Jahren in Betrieb, hat sich vorzüglich bewährt.
Mit 155 Reise- und 152 Güterzügen pro Tag hat diese Anlage mehr geleistet als
der alte Bahnhof. Selbst bei Spitzenbelastungen, wie an einem Kriegerfeste, bei
welchem an einem Tag 30 000 Menschen ankamen und abfuhren, sind keine Verkehrsstockungen
eingetreten. Der neue Personenbahnhof konnte nun auf dem freigemachten
Gelände erbaut werden. Nach genau zwei Jahren Bauzeit wurde er am
6. November 1911 eröffnet. Angeblich auf Wunsch der Stadt wurde das Empfangsgebäude
wieder an der alten Stelle errichtet. Seine Grundrißanordnung ist wenig
glücklich. Hier ist allerdings zu bemerken, daß die Planer der Eisenbahnanlagen
annahmen, daß die Wege zum Empfangsgebäude von der „Hauptlandstraße" nach
Karlsruhe bzw. Straßburg her frontal kommen würden. Nur so ist die Grundrißanordnung
des Gebäudes verständlich. Die Stadt entwickelte sich aber von der
Hauptstraße her; Pfählerpark und auch der ursprünglich große Bahnhofsvorplatz
wurden leider zugebaut.
Die Anordnung der beiden Unterführungen an den Enden der Bahnsteige bei
einer Schalterhalle in der Mitte des Gebäudes und die extreme Lage des Gebäudes
überhaupt zur Stadt zwingt zu größeren Umwegen und hat dem Bahnhof Offenburg
neben viel Ärger den Spitznamen „Rennbahnhof" eingebracht. Die Bahnverwaltung
begründete diesen Mangel schon damals entschuldigend damit, daß die
verfügbare Breite der Bahnsteige von nur 10,50 m nicht ausgereicht hätte, um eine
zentrale Treppenaufführung zu den Bahnsteigen zu ermöglichen. Außerdem wäre
die Grundrißeinteilung des Empfangsgebäudes durch die Treppen eines mittig verlaufenden
Tunnels ungünstig beeinflußt worden. Es war beabsichtigt, den Verkehrsstrom
der Reisenden so zu lenken, daß Ankommende den Südtunnel und Ab-
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