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an die Reichsbahn zurückgegeben, und der Zugbetrieb konnte ab 12. Dezember
1923 wieder aufgenommen werden, soweit es die inzwischen eingetretene Verwahrlosung
der Bahnanlagen zuließ.
Nach Beseitigung der Auswirkungen des Krieges begann die Eisenbahn ihre technischen
Möglichkeiten zu entfalten, um so mehr als im Juni 1920 die Badische
Staatsbahn „ verreichlicht" wurde und nunmehr den Vorzug der zentralen Planung,
Entwicklung und Beschaffung genoß9).
Die Fahrpläne wurden verbessert und die Geschwindigkeiten der Züge erhöht.
Als imposantester Ausdruck dieser Entwicklung bot sich den Offenburgern der
„Rheingold", der Pullmann-Expreß Zürich/Luzern—Hoek van Holland, der erstmals
am 15. Mai 1928 durch Offenburg fuhr, bespannt mit der badischen Dampflok
IV h (sie galt als „schönste" Lok); geführt von der Elite der Offenburger
Lokomotivführer. Zwei Heizer waren zwischen Baden-Oos und Basel beigegeben,
um den schweren Zug mit der Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h pünktlich zu
fahren. Zum Leidwesen der Bevölkerung hielt dieser Zug aber nicht in Offenburg
, und man mußte zur Kenntnis nehmen, daß die geringe Frequenz einen Halt
nicht rechtfertige. Es zeigte sich aber auch nunmehr bei derartigen durchfahrenden
Zügen, welche betriebliche Behinderung der enge Bogen südlich der Zähringer
Straßenbrücke bedeutete: Die Höchstgeschwindigkeit ist hier auf 65 km/h begrenzt
.
Die Leistungsfähigkeit der neugebauten Offenburger Bahnanlagen kam eigentlich
erst in den zwei Jahrzehnten nach dem Weltkrieg zur Auswirkung. Sie bewältigten
alle Ansprüche des Reise-und Güterverkehrs, auch die ganz erheblichen Belastungen
beim Bau des Westwalls. Bis wiederum ein Krieg — es war der dritte in der Geschichte
der Offenburger Bahnanlagen — ausbrach.
Wie damals 1870 war auch dieses Mal wieder die Grenznähe Anlaß zu besonderen
Maßnahmen, vor allem wurden in den ersten Tagen Evakuierungszüge gefahren.
Dann aber, im Schatten des „Sitzkrieges im Westen", lief der zivile Zugverkehr
wieder, zwar beschränkt, aber immerhin noch erträglich. Der Fernverkehr in die
Schweiz endigte in Basel Badischer Bahnhof, und der Zugverkehr ins Elsaß war
durch die im Januar 1940 gesprengte Rheinbrücke unterbrochen. In diese Zeit fällt
der Bau eines eingleisigen Verbindungsbogens im Süden der Stadt zwischen der
Freiburger Linie und der Schwarzwaldbahn aus militärischen Gründen. Hierbei
wurden die Abzweigstellen „Stegermatt" und „Luginsland" gebaut, die Linie
wurde ganz selten befahren und 1947 wieder aufgegeben. Ab 1943 erlitt der Eisenbahnverkehr
durch Luftangriffe zunehmend mehr und mehr Störungen. Für die
Offenburger Bahnhofsanlagen darf der 27. November 1944 als schwärzester Tag
ihres Bestehens gelten: Ein schwerer Fliegerangriff auf die Nordstadt Offenburgs
und auf die Bahnanlagen forderte unter der Bevölkerung und Eisenbahnern im
Dienst viele Opfer. Etwa 1000 Bombentreffer zerpflügten den Rangierbahnhof
9) Gemäß Artikel 7 und 171 der Weimarer Verfassung mußten die Länderciscnbahnen Preußen, Bayern,
Hessen, Sachsen, Württemberg, Baden, Mecklenburg-Schwerin und Oldenburg spätestens auf 1. April 1921
in Besitz und Betrieb des Reiches übergehen, was für die Badische Staatsbahn mit I.andtagsbeschluß vom
7. 6. 1920 geschah.
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