http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0338
Die Bürger von Rodalben und ihr Schultheiß hörten mit Trauer die Nachricht
von der Versetzung Wagners. Sie richteten eine Bittschrift nach Karlsruhe, der
Markgraf möge ihnen doch „ihren" Amtmann lassen. Aber die Sache war schon
entschieden. Die dritte große Etappe seines Lebens begann.
Noch mehr Pflichten
Der Dienstantritt war auf Georgi 1791, den 23. April, festgesetzt. Georgstag
war zugleich der Termin für die Rechnungslegung der Ämter.
Zwölf Seiten stark ist der Bestallungsbrief des neuen Oberamtsverwesers, der
noch erhalten ist. Alle seine Pflichten sind aufgeführt. Sie waren noch zahlreicher
als in Rodalben.
Er hatte vor allem auf Frieden unter den Untertanen zu achten. Bei „Spännen"
und Streit hatte er, wenn irgendmöglich, einen Vergleich anzustreben und Gerechtigkeit
zu üben.
Er hatte darauf zu achten, daß die Stadtverwaltung ihre eigenen Gebäude,
Brunnen und Straßen in guter Ordnung hielt. Selbstverständlich war ihm die Obsorge
über die der Herrschaft gehörenden Liegenschaften anvertraut. Sie waren in
der einstigen Residenz der Badener Markgrafschaft sehr zahlreich. Das Schloß
stand an erster Stelle, dann das Jagdhaus August Georgs, der Rebhof Hahnhof,
das Ochsenscheuergut, das Herrengut und viele Einzelgrundstücke.
Der Einzug aller Gefälle (Naturalabgaben und Steuern) zugunsten der Herrschaft
lag bei der Amtskellerei (heute Domänenverwaltung), deren Oberaufsicht
ebenfalls dem Amt oblag. Engster und verantwortungsreichster Mitarbeiter des
Oberamtsverwesers war der Amtskeller (Domänenverwalter).
Wie in Rodalben, so war Wagner in Baden-Baden auch Notar und Grundbuchbeamter
. Erhalten geblieben sind viele Heiratserlaubnisscheine, versehen mit seiner
unverwechselbaren Unterschrift. Endlich war der Vorsitz über das Ruggericht,
d. h. die jährliche Verteilung der städtischen Ämter und die Wahl des Bürgermeisters
und der Stadträte, ein Teil seines reichen Arbeitsgebietes.
Die Besoldung war nicht viel größer als in Rodalben. Er erhielt 1400 Gulden
bar und 20 Klafter = 80 Ster Holz im Wert von 60 Gulden. Die Wohnung war
frei.
Kein Hofgut für den Obervogt
Die Versetzung nach Baden erwies sich bald als nicht so angenehm wie erwartet. Was
der großen Familie Wagners vor allem abging, war die Möglichkeit einer eigenen Landwirtschaft
, wie er sie in Rodalben gehabt hatte. Kaum in Baden, erwarb er deshalb
wenigstens einen Garten mit einem Gartenhäuschen draußen vor der Stadt, etwa bei
der heutigen Kunsthalle an der Lichtentaler Allee. Auf einem Plan ist er als „Obervogts
Garten" eingezeichnet. Er erwarb im Lauf der nächsten Jahre noch drei weitere Gärten
hinzu. Auch erhielt er von Amts wegen die Nutzung des städtischen Gartens, heute Rathausgarten
.
Doch war das nur ein unvollständiger Ersatz. Deshalb richtete er 1793 sein Augenmerk
auf das sogenannte Jesuitenschlößchen und den dazugehörigen Ackerhof, ein mit vielen
Feldern und Wiesen ausgestattetes Hofgut in Oosscheuern (heute zu Baden-Baden gehörend
). Der ehemalige Jesuitenbesitz wurde vom Studienfonds verwaltet und verpachtet.
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