http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0340
Das Gut Frommenhausen kam übrigens als Stiftung an den Württembergischen
St.-Georgs-Ritterverein, dem es heute noch gehört und der es, wie zu Wagners Zeiten, an
die Bauern verpachtet, insgesamt ca. 16 ha Feld.
Bevor wir Frommenhausen verlassen, noch einen kurzen Abstecher in das nahe Rottenburg
. Dort besaß die Familie ein Stadthaus, das im rückwärtigen Teil eine Hauskapelle
hat. Sie wurde von Ludwig Wagners Urgroßvater um 1650 erbaut und dem heiligen
Antonius von Padua geweiht. Trotz wiederholter Zerstörung und Profanierung enthält
sie bis heute ein Deckengemälde und einen Altar von 1739. Ein in die Wand eingelassener
Paramentenschrank berichtet auf einer (erneuerten) Umschrift die Geschichte dieser Wagner-
schen Hauskapelle.
Der Verlust von 313 Gulden
Zurück nach Baden-Baden, wo Ludwig Wagner seinen vielfältigen Pflichten nachging.
Die politische Lage war nach relativ langem Frieden wieder sehr schwierig geworden.
Baden-Baden füllte sich mit französischen Emigranten. Im Juli 1796 kamen auch französische
Truppen unter General Moreau über den Rhein und bis in die Stadt.
Nach klassischem Vorbild versuchte der höchste Beamte zusammen mit Bürgermeister
und Ratsherren den Feind am Ooser Tor aufzuhalten und Gnade für die Stadt zu erbitten
. Das einzige Ergebnis war der Verlust der gesamten Wertgegenstände, die sie bei
sich trugen. Ludwig Wagner büßte 313 Gulden ein und auch eine neue goldene Uhr, die
er sich gerade für 100 Gulden gekauft hatte.
Kaum war der Friede in Paris zustande gekommen, reiste Ludwig Wagner nach Straßburg
. Dort war ein Prozeß anhängig, der seine elsässischen Güter in Schönenburg betraf.
Wir erinnern uns, daß eine Tante seiner Frau Pierre de Nemery geheiratet hatte,
Herrn von Schönenburg. Als das Ehepaar kinderlos starb, erbte Frau Caroline Wagner
das Gut zusammen mit ihren in Frankreich verheirateten Schwestern. Wie der Erbschaftsstreit
ausging, ist nicht bekannt. Sicher ist, daß er 1801 in Weißenburg wieder verhandelt
wurde. In Schönenburg, einem kleinen Dorf bei Soultz-sous-Foret, das malerisch auf einem
Hügel an der Straße nach Weißenburg liegt und um seiner prachtvollen Fachwerkhäuser
sehenswert ist, befindet sich an der Außenmauer der neuen Kirche eingemauert der Grabstein
des Ehepaares de Nemery-Uhrich.
Pensioniert nach 48 Dienstjahren
Nach der Jahrhundertwende hatte Ludwig Wagner von Frommenhausen nochmals
zehn Dienstjahre vor sich. Erst 1803, also in seinem 66. Lebensjahr, erhielt
er einen 2. Beamten als Hilfe wegen seines Alters und „Vermehrung der Geschäfte,
während der Zeit, wo die Badgäste kommen".
Eine bedeutende kulturelle Einrichtung für eben diese Badgäste war in der
Folge sein Verdienst, die Erbauung des ersten Theaters. In der Ratssitzung vom
3. Juli 1805 schlug er dem Bürgermeister und den versammelten Ratsherren der
Stadt Baden-Baden vor, „zur mehreren Emporbringung des hiesigen Baadbesuches
. . . und zur Ergötzung der Gäste" . . . einen Theaterbau zu errichten. So entstand
nach dem Entwurf von Weinbrenner im Garten vor dem Promenadenhaus (heute
Kurhaus) jenes hübsche Theater mit Säulen und Dreiecksgiebel, das der Maler
Urban Keller in einem reizenden Aquarell festgehalten hat.
Im Sommer 1808 tauchten Klagen über die Tätigkeit Wagners auf. Es ist die
Rede von „verwirrten Geschäften zu Baden" und vom „hohen Alter und körperlicher
Schwäche des Obervogts". Diesen Titel trug er seit 1801 amtlich.
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