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wird um Heirat und Kindersegen und endlich den hl. Simon, Patron der Holzfäller
, alles Heilige, die zum Lebenskreis der Wälder Vieh- und Holzbauern in
engster Beziehung stehen.
Der Hochschwarzwälder Speicher ist im Gegensatz zum Kinzigtäler bzw.
Gutacher Speicher sehr einfach. Er stellt eine im Querschnitt fünfeckige Vorratskiste
dar, die mit einem Satteldach abgedeckt ist. Das Ganze ist gegen Bodenfeuchtigkeit
auf Pfähle gestellt. In seinem Innern werden die Frucht, die Lebensmittel
und die Grundstoffe für die Kleidung aufbewahrt. Das hintere Ende umschließt
eine kleine Geheimkammer, eine „Kalt", in der das Bargeld und die
Rechtsurkunden aufbewahrt wurden.
Die „Heidenhäuser" und ihre Tochterformen erfüllten bis zum Ende des
ersten Weltkrieges den Hochschwarzwald und das obere Gutachtal. Zu Beginn
unseres Jahrhunderts stand noch ein „Heidenhaus" im 3 km entfernten Sulz-
bächle. Heute beginnt das Verbreitungsgebiet dieser Hausart 8 km oberhalb
unseres Museums (Abb. 1).
Unterhalb des „Hippenseppenhofes" ist ein Leibgedinghäusle, ein „Stöckli",
aufgestellt, das als solches zum „Vogtsbauernhof" gehört, aber hier den zweiten
Haustyp, das Kinzigtäler Haus, vertreten muß (Abb. 8). Leider fehlten uns die
Mittel, um ein Kinzigtäler Bauernhaus aus dem ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts
, wohl das letzte seiner Art, das uns angeboten war, zu versetzen. Wir
sind jedoch glücklich, daß wir an diesem „Stöckli" wenigstens die Hauptmerkmale
des Kinzigtäler Hauses aufzeigen können: die nachmittelalterliche Trennung
von Haus- und Dachgerüst, wobei das Dachgerüst eine Übergangsform von der
Hochsäulenbauweise zum Dachgerüst mit liegenden Stühlen und die Kinzigtäler
Halbwalme aufweist, die Deckung mit Stroh, die Eingeschossigkeit, die boden-
lastige Erntebergung, bei der das Heu vom Erdboden bis unter den Dachfirst
aufgehäuft wird und die merkwürdige „Schlupf-, Rauch-" oder „Nußbühne"
mit der darunterliegenden gewölbten Stubendecke.
Die Wölbung der Stubendecke im Kinzigtäler Haus und die Veranden, die
sowohl zum Kinzigtäler wie zum Gutacher Haus gehören, sind ohne den Einfluß
des benachbarten Straßburg nicht denkbar. Das Kinzigtal ist in der Vergangenheit
ein Nebenland des Elsaß gewesen (Abb. 9).
Die „Schlupf-, Rauch-" oder „Nußbühne" ist ein Zwischengeschoß, das sich
zwischen die Stubendecke und den Dachboden schiebt (Abb. 9). Sie ist der umgewandelte
„Halbstock" der Häuser im Vorland von Straßburg. In diesem Zwischengeschoß
, in das man nur hineinschlüpfen kann, wurden früher die Nüsse
getrocknet. Zugleich zog der Rauch durch diese Bühne ins Freie; daher die Bezeichnungen
.
Im Innern des „Stöckiis" sind bemerkenswert der „Tiroler Ofen" in der Stube
und der erste transportable Küchenherd mit Ringen in den Kochlöchern aus den
sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts in der Küche.
Dieses Häuschen wurde 1652 als „Stöckli" des 3 km entfernten Neubauernhofes
erstellt.
Das Kinzigtäler Haus ist heute bis auf wenige, bereits umgestaltete Exemplare
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