http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0034
Waldgenossen zur Verfügung zu stellen. Interessant ist auch der letzte Artikel, in dem die
Wassersperre über den Freihof zu Ettenheim wieder aufgehoben wurde.
Der Streit um des Klosters Kirchenbaupflicbt in Ettenheim
Ich möchte nun zum Schluß meines Vortrages noch einen Berührungspunkt zwischen Stadt
und Kloster erwähnen, nämlich den Bau der Ettenheimer Stadtpfarrkirche. Wir haben
schon gesehen, daß das Kloster das Recht hatte, in der Stadt den Kirchenzehnten zu
erheben; dafür hatte es jedoch auch die Baupflicht für einige Teile der Stadtpfarrkirche,
nämlich für den Turm, den Chor und die Sakristei. Diese Pflicht kam nun wieder auf
das Kloster zu, als sich Mitte des 18. Jahrhunderts zeigte, daß die alte hölzerne St.-Bar-
tolomäus-Kirche zu klein und baufällig geworden war; diese Kirche lag direkt hinter der
heutigen, dort, wo sich heute der Friedhof befindet. Unter diesen Umständen war also
der Neubau der Pfarrkirche nicht zu umgehen. Die Stadtverwaltung forderte die damals
bekannten Architekten Salzmann und Budinger auf, Pläne für den Bau der Kirche einzureichen
.
Die Architekten gingen nun keineswegs kleinlich ans Werk, und es sollte nach ihren
Plänen ein großes, prächtiges — aber auch teures — Gotteshaus entstehen. Da zeigte es
sich, daß das Kloster keineswegs bereit war, die hohen Summen aufzubringen, die für den
Bau von Turm, Chor und Sakristei — entsprechend diesen Plänen — nötig gewesen
wären. Zur Erklärung muß man hinzufügen, daß es dem Kloster in den sechziger Jahren
des 18. Jahrhunderts keineswegs schlecht ging, daß es jedoch gerade auch ein umfangreiches
Bauprogramm in Ettenheimmünster in Angriff genommen hatte. Daß es diese
Doppelbelastung nicht auf sich nehmen konnte und wollte, erscheint nur allzu verständlich
.
Die Ettenheimer Bürger aber hatten für diese „Maßhaltepolitik" des Klosters weniger
Verständnis. 1768 schrieben sie zornentbrannt einen bitterbösen Brief an ihren Landesherrn
, er möge den Abt entweder dringend zur Einhaltung seiner Baupflicht ermahnen,
oder ihm den Kirchenzehnten entziehen und diesen dem Kirchenbau zukommen lassen.
Doch es wurde dieses Mal nicht so heiß gegessen, wie gekocht worden war. Der Bischof
war bestrebt, das Einvernehmen mit dem Kloster nicht zu stören und mahnte seine Ettenheimer
, einen gütlichen Vergleich zu suchen. So beauftragte die Stadt den Bausachverständigen
Ignaz Krohmer aus Rastatt, alle Pläne auf mögliche Einsparungen hin nochmals
zu überprüfen. Die ursprünglichen Pläne für den Turmbau wurden dabei gründlich
umgestoßen. Er sollte nun nicht mehr über dem Portal an der Stirnseite der Kirche
errichtet werden, denn das hätte am Berghang zu umfangreiche Fundamentierungsarbeiten
erfordert. Statt dessen schlug Krohmer die Errichtung des Turmes seitlich am Chor der
Kirche vor, eine Lösung, die dann schließlich auch verwirklicht wurde. Auch hinsichtlich
der Breite und Höhe des Turmes konnte Krohmer Abstriche machen. Lediglich bei der
Gestaltung der Turmkuppel blieb er hart und ließ sich vom Kloster keine billigere
Lösung abnötigen, weil sie seiner Meinung nach die Proportionen des Gotteshauses empfindlich
gestört hätte.
Nun mußte sich schließlich das Kloster dazu bequemen, diese Kompromißvorschläge anzunehmen
. Die Stadt andererseits mußte sich verpflichten, Wasser, Kalk, Mörtel und Sand
für den Bau heranzuschaffen. Einige Ettenheimer Bürger, die sich dieser Aufgabe entziehen
wollten, schafften daraufhin ihre Zugtiere ab. Als Strafe dafür verbot es ihnen
die Stadt, sich innerhalb der nächsten drei Jahre neue Zugtiere zu beschaffen. Eine der
Folgen davon war, daß Ettenheim 1770 beim Brautzug der Marie-Antoinette nicht über
genügend Pferde verfügte und sich solche in Ringsheim und Kappel leihen mußte.
Im Jahre 1782 war der Bau der Kirche vollendet. Die Benediktion wurde in aller Feierlichkeit
vorgenommen und soll von 7.30 bis 12.00 Uhr gedauert haben.
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