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Dörfern aufgeben und sich in Höhenburgen verschanzen36. Vielleicht ist es möglich
, auch für die Herren von Unterhausen einen solchen Zug vom Dorf auf die
Burg nachzuweisen, der ihr Verschwinden aus den Quellen erklären könnte.
Dazu erinnern wir uns an die eingangs zitierte Nachricht der Zimmerschen Chronik
, die für die Hausener Familie Stammesgleichheit mit den „freiherten von
Stöfeln" zu berichten weiß. Die Zuverlässigkeit des Chronisten muß zwar öfters
angezweifelt werden, doch gewinnt seine Angabe unser höchstes Interesse dadurch,
daß es auf der Gönninger Gemarkung eine Stöffelburg gibt. Diese war der Sitz
eines gleichnamigen Adelsgeschlechts, das mit Adalbert und Kuno zum Jahr 1181
angesetzt wird37. Doch tauchen schon um 1100 Adlige „de Stoffeln" in verschiedenen
Quellen auf38, deren Beziehung zu dem späteren Geschlecht unklar ist.
Von ihnen können „Udalricus de Stuffein" (um 1110) und „Ratzone de Stoffile"
(1112) unsere vollste Aufmerksamkeit beanspruchen, tragen sie doch die gleichen
Vornamen wie die Brüder Ulrich und Rapoto von Unterhausen39. Diese hatten
Familiengut in Gönningen, über dem sich die Stöffelburg erhebt, und Unterhausen
liegt auch nur 7 km von ihr entfernt.
Nur kurze Zeit sind die Unterhausener genannt und verschwinden dann unter
diesem Namen aus den Quellen. Wenige Jahre später jedoch sind gleichnamige
Adlige festzustellen, die sich nach der benachbarten Burg Stoffeln nennen. Dazu
kommt die Nachricht der Zimmerschen Chronik, die diese Feststellungen in einen
Zusammenhang bringen läßt: Die beiden Brüder von Unterhausen sind in den
Adligen von Stoffeln wiederzuerkennen; um 1100 zogen sie, wie damals vielfach
üblich, von ihrem Dorf auf eine Burg, die sie sich auf dem nahen Stoffeln erbauten
. Es wäre auch möglich, daß sie diese Burg von den Grafen von Achalm zu
Lehen erhielten, denen schon im Jahre 1055 eine Burg „Stofola" gehörte40.
Beziehungen zu diesen Grafen sind durch die Besitznachbarschaft in Unterhausen
sowieso gegeben. Andererseits ist bemerkenswert, daß auf dem Stoffeln zwei
Burgen aus verschiedenen Bauperioden festgestellt wurden41. Leider sind die Erwähnungen
der ersten Herren von Stoffeln zu gering und farblos (sie erscheinen
nur in Zeugenreihen), als daß weiteres ausgesagt werden kann. Unschwer aber
könnten Adalbert und Hemma von Stoffeln, die zu Beginn des 12. Jahrhunderts
vorkommen42, in die Familie Ulrichs und Ratzos eingeordnet werden; der Zusammenhang
mit dem späteren Adelsgeschlecht (seit 1181) wäre über den Namen
36 Vgl. zum Gesamtproblem: Hans-Martin Maurer, Die Entstehung der mittelalterlichen Adelsburg in
Südwestdeutschland, in: ZGO 117 (1969), S. 295 ff.
37 Württembergisches Urkundenbuch, Bd. 2, S. 210. Vgl. Ch. F. Stalin, Wirtembergische Geschichte, Bd. 2,
S. 538.
38 Es handelt sich um Adalbert (um 1109, in: Codex Hirsaugiensis, hg. E. Schneider 1887, fol. 38 b);
Ulrich (um 1110, in: ebda., fol. 29b); Ratzo (1112, in: Rotulus Sanpetrinus, hg. F. v. Weech, in: FDA
15, S. 142); Hemma (um 1130, in: König-Müller, a. a. O., S. 268).
39 Vgl. zu Rapoto — Ratzo: E. Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Bd. 1, Personennamen, Nachdruck
1966, Sp. 1208 ff.
40 OAB Reutlingen, a. a. O., S. 173.
41 Kinkelen, in: Blätter des Schwäbischen Albvereins 43 (1931), S. 99.
42 Vgl. Anm. 38.
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