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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0148
die ich verbracht im Amt schon für die andern,

für die Berufsgenossen und polit'schen Freunde,

das war der Umstand, den die Sache mit sich brachte,

daß mich die öffentliche Tätigkeit so oft der Heimat fernhielt

und ich verzichten mußte auf den lieben Kreis der Meinen.

Das war so in den arbeitsreichen Sommertagen

und auch an vielen Abenden des Winters,

wenn am Familientisch beim trauten Lampenschimmer

in treuer Arbeit unermüdlich waltete die Hausfrau.

Die Ältre sich genau mit solchem Fleiß betätigte,

die Jüngste Bücher las und froh die Laute schlug.

Sehr ungern aber habe ich gefehlt schon immer

an frohen Tagen des Gedenkens und Erinnerns.

Und doch: Es muß auch heute wieder sein.

Da willst Du an dem schönen Maientage -

ich kann es Dir nicht glauben - schon fünfzig Jahre sein?

Du hast Dich wohl geirrt, hast falsch gezählt? -

Zwar kenn ich Dich schon dreißig Jahre,

oder sollt' es gar schon länger sein?

Fast kommt es mir so vor! Allein in diesem Falle

muß auch ich mich wohl getäuscht haben.

Wenn ich Dich seh', wie mit elast'schen Schritten

Du durch den Hof gehst und in Haus und Feld,

nicht nur auf dem Gebiet, das ohnehin der Frau gehört,

mit frohem Mute nach dem Rechten siehst,

nein, auch dem Mann, dem „bösen", der nie da ist,

die Arbeit abnimmst, die er zuhause sollt' verrichten,

so muß entschieden ich an meinem Glauben halten,

daß Du an Jahren noch viel jünger bist

und wir ja warten können mit der Feier bis zu jenem Tage,

an dem Du wirklich und wahrhaftig 50 bist!

Einstweilen bist und bleibst Du jung!

Und daß Du immer frisch und froh, gesund

und so bleibst, wie Du immer warst,

das wünsch ich Dir — und mir — aus vollem Herzen!

Friedrich Saenger ahnte nicht, daß er schon am darauffolgenden Geburtstag seiner
Frau, die ihn um 20 Jahre überlebte, ein Todgeweihter war. Neben den Anfeindungen
und Verleumdungen politischer Gegner hatten die zahllosen Verpflichtungen
seiner vielen Ämter die letzten Kraftreserven aufgezehrt. Die Berufung in
den Reichswirtschaftsrat nach Berlin erreichte ihn 1920 auf dem Krankenlager.
Weder Medikamente noch Badekuren brachten Hilfe. Den schwer Herzleidenden
befielen in den letzten Lebenswochen organisch bedingte Angstzustände, das Gefühl
der politischen und berufsständischen Vereinsamung, die Sorge um den zersplitterten
, uneinig gewordenen Bauernstand, um die wirtschaftliche Existenz der
Seinen, um die besetzte und verarmte Heimat. Langanhaltende Hitze herrschte
im Hochsommer 1921, als Friedrich Saenger am 17. Juli im Alter von nur 54
Jahren für immer seine Augen schloß.

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