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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0157
lohnend an und befaßten sich damit bis zum Ende des ersten Weltkrieges. Urloffen
lieferte noch zwischen den beiden Weltkriegen Hanf nach Renchen zur Verarbeitung
.

Nach dem zweiten Weltkrieg erschien der Hanf nicht mehr, lediglich ein Ostsiedler
machte in Linx einen Versuch mit Hanf, um die frischgeschnittenen Stengel
nach dem Gewicht zu verkaufen. Das Unternehmen schlug jedoch fehl, damit
gehörte der Anbau von Hanf im Hanauerland endgültig der Vergangenheit an.

Der Anbau des Hanfes

Der Hanfsamen wurde auf ein gut vorbereitetes und besonders gut gedüngtes
Ackerfeld in der ersten Maihälfte breitwürfig ausgesät und eingeeggt. Nach acht
bis zehn Tagen erschienen bereits die ersten gefingerten Blättchen. Hatte der
Hanf die richtige Stellung, d. h. nicht zu dicht, so wurde er meist nicht mehr bearbeitet
. Andernfalls wurde der Hanfacker mit schmalen Hanfhacken ein- bis
zweimal durchgehackt. Bei günstiger Witterung wuchs er sehr schnell heran und
erreichte bis August mitunter eine Höhe von drei Metern. Hagelschaden war
genauso gefürchtet wie beim Tabak; denn bei starkem Hagel wurden die Stengel
geknickt, außerdem rissen die Fäden oder Fasern an jeder Stelle, die ein Hagelkorn
getroffen hatte. Mitte bis Ende August — je nach Witterung — war der
Hanf reif. Als zweihäusige Pflanze gab es Stengel mit Stempelblüten und solche
mit Staubgefäßblüten, letztere nannte man „Fämmel". Sobald die „Fämmel"
stäubten, hieß es: Jetzt ist der Hanf reif! Auf dem Acker begann sogleich die
Sortierung. Die „Weibsleut" gingen voraus und zogen die schwächeren Stengel
mit der Wurzel aus der Erde, legten sie gesondert zusammen; denn diese dünneren
Stengel ergaben den Spinnhanf. Hernach folgten die „Mannsleut", an der
Hand einen ledernen Fingerschutz, damit die dicken, behaarten Hanfstengel nicht
allzusehr schmerzten. Man nahm vier bis sechs Stück in einem Büschel zusammen,
zog sie aus der Erde und trat den anhaftenden Grund mit den Stiefeln ab. Diese
Arbeit bezeichnete man als „liechen" (lochen), d. h. herausziehen. Die ausgezogenen
Stengel legte man auf Strohseile, und zwar so viele, daß man noch bequem
binden konnte. Das Binden erfolgte mit einem kurzen Holzknebel (knebeln). Die
Bündel in Größe einer Getreidegarbe nannte man „Schaube". Auch der Feinhanf
oder Spinnhanf wurde auf dem Acker in kleinere „Schaube" gebunden. Zur
Samennachzucht pflanzte man in den Kartoffel- oder Dickrübenäckern eine Reihe
einzelstehender Hanfpflanzen. Diese verzweigten sich stark und blieben stehen,
bis der Samen ausgereift war. Dann stellte man die aus der Erde gezogenen
Samenhanfstengel zum Trocknen an einem Balken (Wiesbaum) auf, worauf die
Distelfinke, Hänflinge, Finken, Goldammern, Meisen und Spatzen nur warteten,
um in Scharen darüber herzufallen. Nachdem der Samen ausgeklopft war, legte
man diese Hanfstengel auf einen Grasplatz, bis sie vom Wetter gerötzt und dürr
waren; die abgezogenen Fasern ergaben den sogenannten „Schwarzhanf", woraus
man Seile, Stricke und Zäume für den täglichen Gebrauch im bäuerlichen Betrieb
drehte.

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