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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0210
setzt, der Müller auch die Abmachung mit Le Tellier im Original vorlegt. Am 29. September
1785 bittet er um einige Änderungen des im September unterschriebenen Vertrags,
um wirklich kaufmännisch arbeiten zu können, zumal er inzwischen mit de la Hogue einen
Vergleich geschlossen habe, wonach dieser einen Nachlaß von 2500 Gulden gewährte,
so daß seine Aktiva entsprechend höher seien. Verständlich scheint auch sein Hinweis,
daß er sich keinen besonderen Angestellten halten könne, nur um die geforderten wöchentlichen
Aufstellungen anzufertigen, zumal sein Redakteur Baltzmeyer, der den „Hinkenden
" besorge, zur Herstellung seiner Gesundheit eine kleine Reise zu seiner Familie in
die Schweiz machen werde, so daß er selbst wöchentlich die drei Blätter seiner Zeitung
schreiben müsse. Das zweite Etablissement in Durlach erfordere gerade am Anfang alle
Aufmerksamkeit.

Im Hinblick auf die berufliche und finanzielle Last, die im Jahr 1785 auf Müller lag,
erscheint es angebracht, einen kurzen Blick auf die Entwicklung seiner Verlagserzeugnisse
zu werfen. Keine Schwierigkeiten hatte er offenbar mit dem „Hinkenden Boten", denn
Macklot brachte am 15. Februar wieder einmal vor, daß die Müllersche Zeitung „seine
Existenz untergrabe". Doch gibt es objektivere Hinweise. Anfang 1785 eröffnet Johann
Christian Treitlinger einen Zeitungslesesaal im Schwedischen Kaffeehaus auf dem Paradeplatz
5 in Straßburg; in der Liste von Zeitungen und Zeitschriften — veröffentlicht in
den „Frage- und Anzeigungs-Nachrichten" vom 17. 2. 1786 —, die dort aufliegen und
verliehen werden, wird auch neben dem „Magazin für Frauenzimmer" der „Oberrheinische
Hinkende Both" aufgeführt. Wegen der bestehenden Zensur griffen die Leser wohl
zu Informationen in ausländischen Zeitungen und die Straßburger Bürger „in immer stärkerem
Maße nach der ,Carlsruher Zeitung' und vor allem dem ,Oberrheinischen Hinkenden
Both' aus Kehl"54. Weniger Glück hatte er mit dem „Magazin für Frauenzimmer",
das nach Erscheinen des Konkurrenzblattes „Pomona" die Hälfte der Leser verloren hatte.
Aber auch das Eingehen des Blattes half ihm nicht aus der Klemme; 1785 erscheinen die
sechs Nummern des ersten Halbjahres erst im November, doch bleibt es zunächst dabei,
da die Mitarbeiter nicht mehr bezahlt werden konnten 5ä. Friedrich Rudolf Salzmann, der
1785 nach dem Ausscheiden von Bartholomäi aus Ulm die Akademische Buchhandlung in
Straßburg allein übernommen hatte, übernimmt Ende des Jahres den Verlag des Magazins
und läßt die ausstehenden Nummern zum Teil auch bei Müller drucken. Der Verkauf
war für Müller zweifellos ein großer Verlust, da es 1786 eine Auflage von 1500 Exemplaren
hatte. Zu allem Überfluß wurde im Oktober noch seine Zeitschrift „Ma Correspond-
ance" vom Straßburger Magistrat verboten56. Da mit Ablauf des Jahres auch das

M Molz, S. 68.

55 Stadtarchiv Straßburg AA 2358.

56 Das Verbot dieses Blattes erfolgte aufgrund der Klage einiger Geistlicher am Münster. Müller bat in
seinem Schreiben vom 19. Oktober 1785 an den königlichen Prätor in Straßburg, ihm die Gründe mitzuteilen
. Er nehme an, daß es sich nicht um seine Berichte über die Halsbandgeschichte des Kardinals
von Rohan handele, denn die würde in französischen Zeitungen gedruckt und diese öffentlich verkauft.
Er bringe nur Fakten und Aktenstücke und habe vieles unterdrückt, was das Haus Rohan beleidigen
könne, obwohl er später festgestellt habe, daß es dann der Courrier du Bas-Rhin gebracht habe. Interessant
ist die weitere Bemerkung Müllers, daß er in seiner deutschen Zeitung über Kardinal Rohan
noch kein Wort verloren habe, obwohl alle deutschen Zeitungen über die Geschichte berichteten und er
sich sicherlich damit hätte ein paar hundert Abonnenten erwerben können (Stadtarchiv Straßburg AA 2358).
Der „Oberrheinische Hinkende Both" bringt am 15. Juni 1786 dann auch nur eine kurze Meldung, daß
der Kardinal Rohan am 5. Juni aus Paris abgereist sei. Der Herr von Planta sei zwei Tage nach dem
Kardinal aus der Bastille entlassen worden. Dieser Friedrich von Planta war der Schwager des Generals
Johann Ernst Krieg aus Lahr (Erwin Dittler, General J. E. Krieg aus Lahr, in: Geroldsecker Land,
Sonderheft 1970/71, S. 132). Die Zurückhaltung Müllers ist sicherlich darauf zurückzuführen, daß sein
Blatt vorwiegend in Straßburg verbreitet und auf die Toleranz der Geistlichkeit angewiesen war.
Johann von Türckheim gibt uns in seinen Briefen einen Begriff von der Mentalität Straßburger Zensur,
wenn er etwa am 8. März 1776 schreibt: „Die Zensoren haben sich nicht geschämt, öffentlich zu sagen, es
sei nicht nötig und gar gefährlich, das Volk zu unterrichten, die Obrigkeit allein brauche die Rechte der

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