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natürlich auch in Kleve bei J. G. Bärstecher zu erhalten. Die Zeitung wird dort zuerst
bei ihm verlegt, stellt aber dann im Verlauf des zweiten Quartals vorübergehend ihr
Erscheinen ein, um dann in den Verlag der Witwe Sitzmann in Kleve überzugehen. Herausgeber
und Verfasser war der „als rücksichtsloser und frivoler Satiriker bekannt
gewordene August Friedrich Cranz" ul. Bensei ist aber der Auffassung, daß Cranz bei
seiner wirklich glänzenden Begabung vermutlich leicht großen Erfolg hätte haben können,
wenn er sorgfältiger und mit mehr Selbstzucht ans Werk gegangen wäre. Der Fr. d. W.
„setzte einen geistigen Zustand und einen Geschmack voraus, den die große Masse der
Bewohner Cleves trotz allen geistigen Fortschrittes schwerlich aufweisen konnte" 13-.
Bei Bärstecher erschien wöchentlich ein Stück bis zur Nr. 23, in der Folgezeit kam bei
der Hofbuchdruckerin Sitzmann der Fr. d. W. zweimal wöchentlich heraus. Offenbar
lohnte sich aber die Herausgabe des Blattes auch bei ihr nicht, denn 1777 wurde es neu
bei A. F. J. Bauer in Düsseldorf herausgebracht.
Um ermessen zu können, wie schwierig es war, in jener Zeit Blätter herauszubringen,
muß man sich vergegenwärtigen, daß es sogenannte Intelligenzblätter mit einer „Bezugsverpflichtung
für alle Kirchen, Kapitel, Stifte, Klöster, Gymnasien, Schulkollegien, Behörden
, Beamten, die eine selbständige Amtsverrichtung hatten, die adeligen Besitzer,
deren Verwalter und Pächter, Ärzte, Wundärzte und Apotheker, Innungen, Zünfte"
gab, und die Juden mußten mindestens zu drei Familien auf ein Exemplar abonnieren.
Bevor Anzeigen irgendeiner Art nicht im Intelligenzblatt gestanden hatten, durften sie
anderweitig nicht örtlich bekanntgemacht werden. Neben dem Anzeigenmonopol genossen
sie Postfreiheit, so daß andere Zeitungen verständlicherweise es sehr schwer hatten,
daneben aufzukommen. Dazu betont d'Ester, daß man sich zur damaligen Zeit den
Leserkreis eines Blattes nie klein genug vorstellen kann 133. So wurde durch königlichen
Befehl 1727 in Duisburg ein Intelligenzblatt für das Herzogtum Cleve, das Fürstentum
Mörs und die Grafschaft Mark geschaffen. Um das Eingehen eines Blattes heute objektiv
beurteilen zu können, bedarf es nicht nur einer gebührenden Berücksichtigung solcher
Zeitumstände, sondern auch weiterer Unterlagen, über die wir heute nicht mehr verfügen
.
Nach der Kritik von Bensei am Herausgeber und Verfasser Cranz, die Pick noch schärfer
formuliert,34, und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß auch die Verlegerin Sitzmann
die Zeitung nicht halten konnte, scheint uns die Behauptung von Bensei, daß man Bärstecher
die Schuld für die Einstellung des Blattes im Verlauf des zweiten Quartals zuschieben
dürfe, unbewiesen und unqualifiziert.
Encyclopädisches Journal
Was J. G. Müller in Kehl charakterisiert, gilt für ihn schon in Kleve: er läßt sich nicht
so schnell entmutigen: „Er faßte vielmehr sehr bald den kühnen Entschluß, ein nach
Umfang, Wert und Verbreitung in Deutschland einzig dastehendes Unternehmen ins
Leben zu rufen, und gründete das ,Encyclopädische Journal' (E. J.)."135 Als Vorbild
dienen ihm nach seiner Ankündigung vom 10. Dezember 1773 englische Magazine, insbesondere
„the Universale Magazine of Knowledge an Pleasure". Zu dem „Beispiellosen",
das er schaffen möchte, fühlte er sich durch den Beistand und die Aufmunterung einiger
Gelehrter und angesehener Männer veranlaßt. Jedes Stück sollte mit einem „historischen
Bense!, S. 80. Pick, S. 12, übernimmt den Ausdruck wörtlich. Carl d'Ester, das Zeitungswesen in
Westfalen von den ersten Anfängen bis zum Jahre 1813, Münster 1907, S. 83, spricht von dem „berüchtigten
Satyriker Cranz".
132 Benscl, S. 99.
133 d'Ester, Das Zeitungswc-sen, S. 152 ff.
134 Pick, S. 12: „Durch Mangel an Selbstzucht richtete der zweifelsohne sehr begabte Cranz das Blatt
zu Grunde."
133 Bensei, S. 107.
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