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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0250
Er trat zunächst in eine bekannte Getreidehandelsgesellschaft in Straßburg ein, um dann
eine eigene zu gründen, die sich vor allem um Getreidelieferungen in die Schweiz bemühte
. Ob Müller in dieser Branche blieb, ist noch nicht geklärt. Sein ehemaliger Konkurrent
Macklot hatte sich 1792 neben seinem Verlag in einem anderen Wirtschaftszweig
engagiert20S, und sein früherer Mitarbeiter Andreas Ulrich wurde Eisenhändler, nachdem
er bis 1798 eine eigene Druckerei besessen hatte und noch 1826 für ein halbes Jahr eine
Zeitschrift, den „Hausfreund", erscheinen ließ. Mit dem Getreidehandel setzte J. G.
Müller seine unternehmerische Tätigkeit im gewohnten größeren Stile fort, verhandelt
er doch mit dem helvetischen Direktorium direkt, ohne daß wir wissen, ob sein Angebot
von Erfolg begleitet war2M.

In jenem Jahr 1798 endet augenscheinlich die öffentliche Wirksamkeit Müllers mit einem
politischen Höhepunkt, der nicht nur für ihn einen Abschluß bedeutet; seine kurze, aber
hochpolitische Mission war gleichsam ein letzter Ausläufer der revolutionären Woge der
Französischen Revolution, die in Frankreich längst abgeebbt war. Dort beendet Napoleon
mit dem Staatsstreich vom 18. Brumaire die Direktorialverfassung; Frankreich und
Deutschland treten in eine neue Epoche ein. Es bleibt die Frage, wo wir um die Jahrhundertwende
Müller zu suchen haben. Einen Fingerzeig könnte Kopstadt210 geben, der
am 19. Juni 1811 aus Cleve berichtet: „Alle diese Zeitschriften haben aber nicht lange
bestanden; von dem im Anfang der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts hieselbst
herausgekommenen westphälischen Beobachter an bis zu dem Clevischen Anzeiger hinab,
den ein gewisser Schauspieler Müller vor ein paar Jahren hier unternahm, der aber
nicht einmal das Alter eines Jahrganges erreichte." „Vor ein paar Jahren" kann unterschiedlich
ausgelegt werden, so daß die Bemerkung von Kopstadt leider keine genaue
Auskunft gibt. Die Interpretation durch d'Ester könnte, muß aber nicht zutreffen: „Die
,Theaterzeitung' hatte, wie die meisten derartigen Unternehmungen, keinen langen Bestand
. Ebenso scheint ein ,Clevischer Anzeiger', den ein Schauspieler Müller ein paar
Jahre später begann, wohl sehr kurzlebig gewesen zu sein, da nichts Näheres über ihn zu
ermitteln war."211 Weder d'Ester noch Bensei konnten eine Beziehung zu Müller herstellen
, da sie die Identität nicht kannten, aber wir dürfen diese Zeitung mit großer
Wahrscheinlichkeit ihm zuordnen. Er müßte sie zu der Zeit herausgegeben haben, als
auch die „Bagatellen" erschienen. Unsere Frage ist damit nicht beantwortet, aber bei
dieser Fülle von Zeitungen und Zeitschriften dürften wir schon bei vorsichtigster Einschätzung
dieses Mannes feststellen, daß wir es mit einem äußerst produktiven Verleger
periodischer Publikationen zu tun haben, deren Umsichgreifen „das eigentlich entscheidende
Merkmal der neuen Literatur" für das 18. Jahrhundert ist212. „Zahlen zählen in
der Geschichte" 213, und man müßte allein schon unter diesem Gesichtspunkt zur Kenntnis
nehmen, daß er in Kleve und Düsseldorf wahrscheinlich sieben, in Kehl die gleiche
Zahl, insgesamt also vierzehn Zeitungen und Zeitschriften verlegte, wobei er den größten
Teil selbst herausgab. Dazu kamen die periodisch erscheinenden Kalender und Hand-
büdier, die Herausgabe des „Taschenbuchs für Schauspieler" sowie die Mitherausgabe der
„Oberrheinischen Mannigfaltigkeiten" in Basel, die allesamt die weite Skala aufklärerischer
Bestrebungen spiegeln und ihm in der Zeit von 1770 bis etwa 1791, also für zwei

1799, in: Politische Rundschau, Heft 9—10, Bern 1946. Heinrich Scheel, Süddeutsche Jakobiner, Berlin
1962, S. 416 f., 453 , 473 f., 477.

208 Eberhard Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes und der angrenzenden Landschaften, Straßburg
1892, S. 803. Macklot verband sich mit dem Leibarzt Schrickel zu einer Gesellschaft, die feuerfeste
Tiegel herstellte.

209 Amtliche Sammlung der Acten aus der Zeit der Helvetischen Republik 1798—1803, XII. Bd. 1940. Brief
vom 15 Frimaire VII (5. Dezember 1798) unter Nr. 1195.

210 (Kopstadt) Ober Cleve. In Briefen an einen Freund aus den Jahren 1811 und 1814, Frankfurt 1822, S. 30.

211 Nach Mitt. des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf (Dr. Wisplinghoff) von 11.6.1970 fanden sich keine
Akten oder Hinweise auf den „Clevischen Anzeiger" und dessen Herausgeber.

212 Werner Krauss, Studien zur deutschen und französischen Aufklärung, Berlin 1963, S. 94.

213 E. H. Carr, S. 50.

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